Bei einem Assessment Center (AC) werden erfolgsrelevante Situationen simuliert, die charakteristisch für die gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitsaufgaben sind (Realitätsbezug). Über einen Zeitraum von ein bis maximal drei Tagen durchlaufen Bewerbende eine Reihe verschiedener, voneinander unabhängiger Übungen (z.B. Rollenspiel, Präsentation, Fallstudie) und werden dabei in allen Simulationen von einem Beobachtendengremium bewertet.
Kompetenzdimensionen bewusst wählen und eingrenzen
Die Auswahl und Konzeption der verschieden Verhaltensübungen sollte auch hier auf Basis einer Anforderungsanalyse erfolgen, um den tatsächlichen Realitätsbezug der Simulationen sicherzustellen. Charakteristisch für das AC ist, dass jede zuvor definierte Anforderungsdimension in mehreren (mindestens zwei, besser drei) voneinander unabhängigen Übungen gemessen wird. Dies dient dazu, die Messgenauigkeit des Verfahrens – also dessen Reliabilität – zu erhöhen. Hat eine Person beispielsweise im Rollenspiel, in dem ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin simuliert wird, einen Blackout, bekommt sie oder er entsprechend die Möglichkeit die etwaige, geringe Leistung in einer anderen Übung (beispielsweise Präsentationsübung) auszugleichen.
Gleichzeitig sollten innerhalb einer Simulationsübung maximal drei bis vier Kompetenzdimensionen untersucht werden. Denn mit der zunehmenden Anzahl der gleichzeitig zu beobachtenden Dimensionen wird die Aufgabe für die Beobachtenden immer anspruchsvoller, was sich negativ auf die Validität des Verfahrens auswirkt. Die Bewertung der Beobachtenden wird nach Abschluss des Verfahrens in der Beobachterkonferenz zusammengetragen. Entsprechend ergibt sich die Gesamtleistung der Bewerbenden auf den einzelnen Kompetenzdimensionen durch die durchschnittliche Bewertung der Beobachtenden in den einzelnen Übungen.
Personalauswahl: Assessment Center sind eine geeignete Methode - auch virtuell
Trotz des hohen zeitlichen und finanziellen Aufwands ist das AC eine sehr geeignete Methode der Personalauswahl. Sie ist valide, bei Bewerbenden weitgehend akzeptiert und die Verfälschbarkeit durch sozial erwünschte Selbstdarstellung ist im Vergleich zu den Bewerbungsunterlagen und zum Interview weitaus geringer. Weiterhin werden im Sinne des Methodenmixes die Verhaltensübungen im AC häufig um (strukturierte) Interviews, Testverfahren und Fragebogeninstrumente ergänzt. Die Kombination der verschieden diagnostischen Methoden kann helfen, die Vorhersagekraft des Assessment Center zu erhöhen.
Aufgrund der Corona-Pandemie war die klassische Durchführung von ACs für lange Zeit nicht möglich. So sahen sich Unternehmen gezwungen kreative, digitale Lösungen zu entwickeln, um eine Durchführung auf Distanz zu ermöglichen. Auch hier können Videokonferenztools eine Remotedurchführung der Simulationsübungen ermöglichen und somit kosteneffiziente und flexible Alternative zum klassischen Assessment Center darstellen.
Probearbeiten: Die verlässlichste Methode der Personalauswahl
Die Arbeitsprobe beziehungsweise das Probearbeiten ist die älteste und verlässlichste Methode der Personalauswahl. Im Grunde ähnelt sie einem Assessment Center, wobei die Arbeitsprobe über die bloße Simulation erfolgskritischer Berufssituationen hinaus geht. Bewerbende führen die berufliche Tätigkeit hier direkt aus. Das Probearbeiten eines Kellners ist ein mögliches Beispiel. Der diagnostische Mehrwert einer Arbeitsprobe ist umso höher, desto größer die Überschneidung mit den tatsächlichen Anforderungen des Arbeitsplatzes ist. Auch hier sollte eine Anforderungsanalyse und klar definierte Bewertungsschlüssel zum Einsatz kommen.