Rz. 642

Die Vernehmung des Beweisführers als Partei kommt nach § 447 ZPO nur dann in Betracht, wenn eine der Parteien, d.h. entweder die beweisbelastete Partei, was die Regel sein wird, oder aber auch die gegnerische Partei, dies beantragt[386] und die andere Partei dem zustimmt.

 

Rz. 643

 

Hinweis

Durch die weit verbreitete Übung, nur die beweisbelastete Partei zu benennen und nicht den Gegner, begibt sich die Partei wegen der Gefahr der ausbleibenden Zustimmung des Gegners u.U. eines Beweismittels, nämlich des Gegners, über dem das Damoklesschwert der Wahrheitspflicht und des (versuchten) Prozessbetrugs sowie der Aussagedelikte schwebt.

 

Rz. 644

Aufgrund des Erfordernisses, dass der Vernehmung der beweisbelasteten Partei der Gegner zustimmen muss, kommt diese Form der Parteivernehmung nur ganz selten vor.

 

Rz. 645

 

Hinweis

Zu beachten ist, dass in dem bloßen Schweigen des Beweisgegners auf den Antrag der beweisbelasteten Partei, sie als Partei zu vernehmen, keine Zustimmung gesehen werden kann.[387] Umstritten ist, ob das Einverständnis mit der Vernehmung der beweisbelasteten Partei frei widerruflich ist, bis die eigentliche Beweisaufnahme begonnen hat.[388]

 

Rz. 646

Auch wenn die Voraussetzungen des § 447 ZPO vorliegen, d.h. eine Partei den Antrag auf Parteivernehmung der beweisbelasteten Partei gestellt hat und die andere Partei dem zugestimmt hat, ist die Parteivernehmung aus Sicht des Prozessgerichts nur dann veranlasst, wenn alle anderen Beweismittel erschöpft sind, ohne dass der Beweis geführt oder das Gericht bereits vom Gegenteil überzeugt ist. Auch in diesem Fall bleibt mithin die Parteivernehmung die Ultima ratio der Beweisaufnahme.

 

Rz. 647

Führt die sonstige Beweisaufnahme zu einem für das erkennende Gericht eindeutigen Ergebnis im Sinne von § 445 Abs. 2 ZPO, ist die Parteivernehmung auch dann nicht mehr durchzuführen, wenn beide Parteien hierüber Einvernehmen erzielt haben.[389] Eine Parteivernehmung scheidet auch aus, wenn die beantragte Vernehmung eine Tatsache betrifft, deren Gegenteil das Gericht für erwiesen erachtet. Hat der Gerichtsvollzieher als Zeuge bekundet, dass er einen Benachrichtigungsschein in den Briefkasten der Partei eingeworfen hat, so begründet dies neben dem Vorliegen der Zustellungsurkunde den Nachweis der erfolgten Zustellung; eine Parteivernehmung bezüglich der Richtigkeit der Aussage des Gerichtsvollziehers kommt nicht in Betracht.[390]

 

Rz. 648

 

Hinweis

Stimmt der Gegner der Vernehmung der beweisbelasteten Partei nicht zu, was die Regel sein wird, so wird der Antrag auf Vernehmung der beweisbelasteten Partei gleichwohl noch als Anregung auf Vernehmung der Partei von Amts wegen § 448 ZPO zu verstehen sein. Dies sollte hilfsweise geltend gemacht werden.

 

Rz. 649

In jedem Fall kann aber auch angeregt werden, beide Parteien nach § 141 ZPO anzuhören. Dies empfiehlt sich besonders in den Fällen, in denen der eigene Mandant eine hohe Überzeugungsfähigkeit hat. In jedem Fall sollte er dann an der mündlichen Verhandlung teilnehmen. Das Wort wird einer Partei hier nur selten verwehrt.

[386] Muster eines Antrages auf Vernehmung der beweisbelasteten Partei als Partei nach § 447 ZPO unter Rdn 772.
[387] LG Krefeld VersR 1979, 634; Zöller/Greger, § 447 Rn 2.
[388] Bejaht: Zöller/Greger, § 447 Rn 3.
[389] BGH NJW 1974, 56.
[390] OLGR Frankfurt 2004, 12.

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