Rz. 107

Eine Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens kommt schließlich auch in Betracht, wenn sich durch seine Erledigung der Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass ein weiterer Aufschub unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde und ein Ehegatte die Abtrennung beantragt (§ 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG).

 

Rz. 108

Die Norm soll die Härten korrigieren, die sich daraus ergeben, dass im Entscheidungsverbund zwangsläufig die langwierigste Sache die Dauer des Verfahrens auch in den Scheidungs- und den übrigen Folgesachen bestimmt. Die Voraussetzungen entsprechen im Wesentlichen dem früheren Recht, sind also relativ eng, weil eine außergewöhnliche Verzögerung bislang von der Rechtsprechung erst bejaht wurde, wenn eine mehr als 2-jährige Verfahrensdauer überschritten war.[26] Die Frist wird von der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an gerechnet; auch das Rechtsmittelverfahren wird in die Ermittlung ihrer Dauer einbezogen.[27] Bei der Berechnung der Frist wird jedoch die Zeit vor dem Ablauf des Trennungsjahres außer Acht gelassen (§ 140 Abs. 4 FamFG, siehe dazu Rdn 107). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 2 BGB für eine vorzeitige Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahrs vorliegen. In diesen Fällen bleibt es bei der Berechnung von der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags an.

 

Rz. 109

Aus der außergewöhnlichen Dauer des Verfahrens muss für wenigstens einen der Ehegatten eine unzumutbare Härte erwachsen. Erforderlich ist daher, dass nach den Umständen des Einzelfalls das weitere Zuwarten auf die Entscheidung über die Scheidung und die übrigen Folgesachen für einen oder beide Ehegatten unerträglich wäre. Zur Entscheidung dieser Frage sind die Interessen des Ehegatten, der eine möglichst umgehende Scheidung anstrebt, gegen die Interessen des anderen Ehegatten abzuwägen, der nicht geschieden werden will, bevor alle Folgesachen geregelt sind.[28] Für die Abtrennung können etwa sprechen: Die Absicht des die Abtrennung begehrenden Ehegatten, wegen der langen Trennungsdauer nach der Scheidung möglichst schnell wieder zu heiraten, das hohe Alter des scheidungswilligen Ehegatten, sonstige Gründe für eine nur noch geringe Lebenserwartung eines Ehegatten[29] oder die Tatsache, dass die Verzögerung des Verfahrens auf ein Verhalten des anderen Ehegatten zurückzuführen ist.

 

Rz. 110

Die Abtrennung erfolgt ausschließlich auf Antrag. Die früher bestehende Abtrennungsmöglichkeit von Amts wegen wurde beseitigt. Die Zahl der Anwendungsfälle des § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG wird sich wahrscheinlich ggü. dem früheren Rechtszustand erheblich verringern, da der neue § 140 Abs. 2 Nr. 4 FamFG in allen Fällen, in denen sich die Ehegatten darin einig sind, den Versorgungsausgleich wegen Verzögerung des Verfahrens aus dem Verbund herauszunehmen, künftig eine wesentlich einfachere Regelungsmöglichkeit bietet. § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG wird deswegen das Instrument für solche Fälle bleiben, in denen sich ein Ehegatte – aus welchen Gründen auch immer – dem Ausscheiden des Versorgungsausgleichs aus dem Verhandlungs- und Entscheidungsverbund widersetzt.

[26] BGH FamRZ 1986, 898, 899; BGH FamRZ 1991, 687; BGH FamRZ 1991, 1616; BGH FamRZ 1991, 1043; BGH FamRZ 1991, 2491.
[27] BGH FamRZ 1991, 1043, 1044; OLG Düsseldorf FamRZ 1980, 1050, 1051.
[28] OLG Frankfurt am Main FamRZ 1986, 921, 922; OLG Hamm FamRZ 1992, 1086, 1087.
[29] OLG Celle FamRZ 1979, 948; OLG Frankfurt am Main FamRZ 1980, 279, 280.

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