Rz. 77
Das (dingliche) Erwerbsgeschäft (§ 2033 BGB) bedarf auf der Erwerberseite weder, wenn der Minderjährige durch seine Eltern vertreten wird, noch, wenn er durch einen Vormund oder Pfleger vertreten wird, der gerichtlichen Genehmigung, da §§ 1643, 1799 Abs. 1, 1813 Abs. 1, 1851 BGB unanwendbar sind; § 1851 BGB erwähnt den Erwerb eines Erbanteils nicht. Der Erwerber, der Minderjährige, ist nicht der Veräußernde und damit nicht der verfügende Teil, und auch nicht der Teil, der sich zu einer Verfügung verpflichtet.
Rz. 78
Der schuldrechtliche Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb eines Erbanteils gerichtet ist (§§ 2371 ff. BGB), z.B. der Erbschaftskauf, ist genehmigungsfrei, da der geschlossene Katalog des § 1851 BGB diesen Fall nicht erwähnt. Grundsätzlich sind die Genehmigungspflichten nach dem Familien- und Vormundschaftsrecht im Sinne der Rechtssicherheit eng auszulegen. Eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Genehmigungspflichten ist daher nicht angezeigt.
Rz. 79
Der Kauf ist auch genehmigungsfrei, wenn zum Nachlass ein Grundstück gehört, dessen entgeltlicher Erwerb – für sich allein genommen – der Genehmigung nach § 1850 Nr. 5 BGB bedarf. Dies gilt sogar, wenn das Grundstück praktisch nur noch der einzige Gegenstand im Nachlass ist, weil der gesamte restliche Nachlass bereits aufgeteilt ist. In diesem Fall greift auch § 1850 Nr. 6 BGB nicht. Es wird nicht ein Anteil an einem Grundstück erworben, sondern ein Erbteil. Dasselbe gilt für das dingliche Vollzugsgeschäft gemäß § 2033 BGB, wenn sich ein Grundstück im Nachlass befindet. Auch dabei handelt es sich rechtlich um den Erwerb eines Erbanteils, nicht um den eines Grundstücks, wie auch das formelle Recht beweist: Es erfolgt keine Auflassung, sondern eine Berichtigung des Grundbuchs wegen des Wechsels der vermögensmäßigen Beteiligung am Nachlass durch den Erbteilserwerber. Die auch hier vorhandene Gegenmeinung achtet zu gering, dass heute der Grundsatz der formalen Auslegung für die §§ 1848–1854 BGB gilt.
Rz. 80
Wer einen Erbteil erwirbt, erwirbt notgedrungen (nach außen, den Nachlassgläubigern haftend) auch die Nachlassverbindlichkeiten (§ 2382 BGB). Beim Erwerb von Verbindlichkeiten durch einen Minderjährigen muss ein Genehmigungserfordernis nach § 1854 Nr. 4 BGB beachtet werden. Dennoch bedürfen Eltern wie Pfleger in den hier relevanten Fällen nicht der gerichtlichen Genehmigung nach § 1854 Nr. 4 BGB. Denn die Nachlassschulden sind mangels Erfüllungsübernahme als zur Erbschaft gehörig anzusehen und sind damit eigene Schulden des Minderjährigen, auf die § 1854 Nr. 4 BGB nicht anwendbar ist.