Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 80
Bei einem ausdrücklichen Auftrag, die mit einer Ehescheidung zusammenhängenden Folgen ausschließlich außergerichtlich mit der Gegenseite in einem Scheidungsfolgenvergleich zu regeln, kann der RA eine Geschäftsgebühr erhalten. Ein solcher ausdrücklicher Auftrag ist dann sinnvoll, wenn beide Seiten anwaltlich vertreten sind, sodass die Scheidungsfolgenvereinbarung in Form eines vollstreckbaren Anwaltsvergleichs geschlossen werden kann (siehe hierzu § 2 Rdn 178 ff.). Da häufig auch Grundbesitz in den Vergleich mit einbezogen werden muss, ist in diesen Fällen jedoch eine notarielle Beurkundung der Scheidungsfolgenvereinbarung erforderlich. Diese notarielle Beurkundung wird dann von den RAen der Eheleute ausgehandelt und vorbereitet.
Der mit den ausschließlich außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen beauftragte RA erhält dafür eine Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG). Da diese Verhandlungen meist auch Besprechungen mit dem anderen Ehegatten erforderlich machen werden, wird die Geschäftsgebühr (Rahmen von 0,5 bis 2,5) in durchschnittlichen Fällen mit einem Gebührensatz von 1,3 erhoben werden können. In umfangreichen und schwierigen Angelegenheiten kann der Gebührensatz von 1,3 auch überschritten werden. Kommt die Einigung dann zustande, so erwächst dem RA dafür zusätzlich eine 1,5 Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG.
Der RA würde also folgende Gebühren für die ausschließlich außergerichtliche Vertretung erhalten:
1,3 |
Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG |
1,5 |
Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG |
2,8 |
(ohne Berücksichtigung etwa anfallender Notarkosten: 2,0 Beurkundungsgebühr nach Nr. 21100 KV GNotKG) |
Rz. 81
Ändert dann der Auftraggeber seinen bisherigen Auftrag auf ausschließlich außergerichtliche Verhandlungen nachträglich dahingehend, dass der ausgehandelte Vergleich nun doch gerichtlich protokolliert werden soll, dann entsteht in einem solchen Fall keine Terminsgebühr wegen Nr. 3104 Anm. Abs. 3 VV RVG. Der RA erhält bei dieser Auftragslage folgende Gebühren, wobei nur die Folgesachen betrachtet werden:
1,3 |
Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG (von der 1,3 Geschäftsgebühr wird die Hälfte auf die 0,8 Differenzverfahrensgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG angerechnet, sodass von der Differenzverfahrensgebühr nur 0,15 verbleiben (0,8 – 0,65 = 0,15). Siehe zur Anrechnung auf die Differenzverfahrensgebühr auch § 6 Rdn 42 ff.) |
0,15 |
Differenzverfahrensgebühr gem. Nrn. 3100, 3101 Ziff. 2 VV RVG (§ 15 Abs. 3 RVG ist hinsichtlich der 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG für die Scheidungssache zu beachten!) |
1,5 |
Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG |
2,95 |
(ohne Berücksichtigung von § 15 Abs. 3 RVG und ohne Berücksichtigung der gerichtlichen 0,25 Vergleichsgebühr nach Nr. 1500 KV FamGKG) |
Rz. 82
Wenn dagegen der RA von Anfang an den Auftrag hatte, den Scheidungsfolgenvergleich im Rahmen seines Auftrages zur gerichtlichen Abwicklung der Scheidungssache auszuhandeln und dann gerichtlich protokollieren zu lassen, entsteht natürlich keine Geschäftsgebühr. Für die vergleichsweise erledigten nicht anhängigen Folgesachen erwachsen dem RA dann neben der 1,5 Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG) noch die 0,8 Differenzverfahrensgebühr nach Nr. 3101 Ziff. 2 VV RVG und eine 1,2 Differenzterminsgebühr (Vorbemerkung 3 Abs. 3 S. 3 Ziff. 2, Nr. 3104 VV RVG) zusätzlich zu den Gebühren für das Scheidungsverfahren als solches, wobei hinsichtlich der Differenzverfahrensgebühr § 15 Abs. 3 RVG zu beachten ist (siehe oben unter Rdn 75 ff.: Gebühren bei gerichtlichen Scheidungsfolgenvereinbarungen).
Rz. 83
Der RA erhält also in diesem Fall für den Scheidungsfolgenvergleich insgesamt 3,5 Gebühren zusätzlich zu der Vergütung für die anhängige Scheidungssache. Notarkosten fallen bei dieser Art der Gestaltung nicht an; nur das Gericht bekommt eine zusätzliche Verfahrensgebühr von 0,25 nach Nr. 1500 KV FamGKG. Es werden nachfolgend nur die Gebühren für die nicht anhängigen Folgesachen betrachtet. Die insgesamt 3,5 setzen sich zusammen aus:
0,8 |
Differenzverfahrensgebühr gem. Nr. 3101 Ziff. 2 VV RVG (§ 15 Abs. 3 RVG ist hinsichtlich der 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG für die Scheidungssache zu beachten!) |
1,2 |
Differenzterminsgebühr (Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Ziff. 2, Nr. 3104 VV RVG) |
1,5 |
Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG |
3,5 |
(ohne Berücksichtigung von § 15 Abs. 3 RVG) |
Rz. 84
Für die Scheidungssache selbst entsteht in den beiden vorstehenden Berechnungen noch eine 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) und eine 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nach dem Wert der Scheidungssache, also insgesamt Gebühren von 2,5. Zu diesen Gebühren für die Scheidungssache kommen noch insgesamt 2,95 oder 3,5 Gebühren für den gerichtlich protokollierten Vergleich über die nicht anhängigen Folgesachen hinzu; natürlich nach dem Wert dieser Folgesachen (ohne Berücksichtigung von § 15 Abs. 3 RVG).
Hinweis:
Laut BGH besteht die Vermutung, dass der RA den Auftrag hat, die Scheidungsvereinbarung innerhalb des Scheidungsverfahrens durchzuführen; also im Zweifel gilt als Auft...