Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 26
Nach § 137 Abs. 3 FamFG können folgende Kindschaftssachen zusammen mit der Scheidung im Scheidungsverbund als Folgesachen anhängig sein: Regelung des Sorgerechts oder des Umgangsrechts, Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten und Regelung des Umgangsrechtes mit einem Kind des anderen Ehegatten. Voraussetzung für die Einbeziehung dieser Sachen in den Verbund ist, dass ein Ehegatte die Einbeziehung in den Verbund vor Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug der Scheidungssache beantragt. Das Familiengericht kann jedoch die Einbeziehung ablehnen, wenn es die Ablehnung aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält.
Nach 44 Abs. 1 FamGKG gelten im Verbund die Scheidungssache zusammen mit den Folgesachen als ein Verfahren. Gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG werden die Werte mehrerer Verfahrensgegenstände in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug zusammengerechnet. Damit im Scheidungsverbund der Verfahrenswert für die genannten Kindschaftssachen nicht im Missverhältnis zu der Scheidungssache steht, ist er kein Festwert nach § 45 FamGKG, sondern er ist nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG individuell zu berechnen.
Anmerkung:
Wäre der Wert der Kindschaftssache auch im Scheidungsverbund ein Festwert von 4.000 Euro, dann würde der Wert einer Kindschaftssache (Sorge- oder Umgangsrecht) den Mindestwert der Scheidungssache von 3.000 Euro übersteigen. Dies wäre wegen der dann höheren Gebühren gegenüber nicht finanzstarken Eheleuten unsozial.
Rz. 27
Wenn eine oder mehrere Kindschaftssachen im Scheidungsverbund anhängig sind, dann ist für jede einzelne dieser Kindschaftssachen der Verfahrenswert nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG zu ermitteln: Der Verfahrenswert einer Kindschaftssache im Verbund beträgt 20 % des Wertes der Ehesache (Scheidungssache), der nach § 43 FamGKG ermittelt wurde (siehe Rdn 19 ff.). An dieser Berechnungsweise ändert sich nichts, wenn das Gericht über mehrere Kinder zu entscheiden hat; die Zahl der Kinder spielt keine Rolle. Da der Wert jedoch den Wert einer Kindschaftssache im selbstständigen Verfahren nicht übersteigen soll, gilt ein Höchstwert von 4.000 Euro für jede Kindschaftssache. Nach § 44 Abs. 3 FamGKG kann das Gericht ausnahmsweise einen höheren oder einen niedrigeren Wert als 4.000 Euro festsetzen, wenn dies nach den besonderen Umständen des Einzelfalles gerechtfertigt ist. Der nach § 43 FamGKG berechnete Verfahrenswert der Ehesache (siehe Rdn 19 ff.) wird schließlich um den nach § 44 FamGKG berechneten Wert der Kindschaftssache(n) erhöht, sodass nur ein erhöhter Verfahrenswert für die Ehesache zusammen mit den Kindschaftssachen besteht.
Anmerkung:
Wenn in der Scheidungssache der Mindestwert von 3.000,00 EUR angesetzt wird, beträgt der Wert der Kindschaftssache davon 20 %, also 600,00 EUR. Beträgt der Wert der Ehesache dagegen 30.000,00 EUR, dann sind 20 % davon 6.000,00 EUR, was jedoch den Höchstwert von 4.000,00 EUR übersteigt. Der Verfahrenswert einer Kindschaftssache im Scheidungsverbund kann also regelmäßig nur zwischen 600,00 EUR und 4.000,00 EUR liegen.
Rz. 28
Werden noch weitere Folgesachen in den Scheidungsverbund einbezogen, wozu zumindest der Versorgungsausgleich gehört, dann werden nach § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG die Werte dieser Folgesachen mit dem zuvor um den Wert der Kindschaftssachen erhöhten Wert der Ehesache zusammengerechnet.
Beispiel:
Die Eheleute Jung wollen sich scheiden lassen. Herr Jung und seine Frau haben zwei Kinder. Antragsgemäß soll im Verbund mit der Ehesache der Versorgungsausgleich und das Sorgerecht für die beiden Kinder geregelt werden. Der Verfahrenswert der Scheidungssache wurde vom Familiengericht gemäß § 43 FamGKG unter Berücksichtigung des Kindesunterhaltes auf 4.800,00 EUR festgesetzt. Der Wert des Versorgungsausgleichs beträgt nach § 50 Abs. 1 FamGKG 1.260,00 EUR. Weitere Folgesachen liegen nicht an.
Der Wert der Kindschaftssache wird gemäß § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG berechnet. Er beträgt in diesem Fall 20 % von 4.800,00 EUR, also 960,00 EUR. Dieser Wert wird zum Wert der Ehesache addiert und dann wird noch gemäß § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG der Wert des Versorgungsausgleichs hinzugerechnet. Der zusammengerechnete Verfahrenswert des Scheidungsverbundes ergibt in diesem Beispiel also 4.800,00 EUR + 960,00 EUR + 1.260,00 EUR = 7.020,00 EUR.
Beispiel:
Die Eheleute Alt wollen sich scheiden lassen. Das Ehepaar hat ein volljähriges und vier minderjährige Kinder. Antragsgemäß soll im Verbund mit der Ehesache der Versorgungsausgleich und das Sorgerecht für die minderjährigen Kinder geregelt werden. Nennenswertes Vermögen ist nicht vorhanden, alle anderen Umstände sind von durchschnittlicher Art. Der Verfahrenswert der Ehesache wird vom Familiengericht unter Berücksichtigung der Belastung durch den Kindesunterhalt auf 48.000,00 EUR festgesetzt. Der Wert des Versorgungsausgleichs beträgt nach § 50 Abs. 1 FamGKG 10.200,00 EUR. Weitere Folgesachen sind nicht anhängig.
Nun wird der Wert der Kindschaftssache gemäß § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG berechnet. Er be...