Rz. 41

Es handelt sich bei den Unterhaltssachen um Familienstreitsachen über

die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber einem Kinde (§§ 1601, 1612 a BGB),
die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen den Eheleuten (§ 1360 BGB) oder auch
um Familienstreitsachen über vertragliche Unterhaltsansprüche (§ 112 Nr. 3 i. V. m. § 266 Abs. 1 FamFG). Solche Familienstreitsachen werden eher selten vorkommen.
 

Rz. 42

Der Verfahrenswert für die gesetzlichen Unterhaltsansprüche wird nach § 51 FamGKG ermittelt. Für die gesetzlichen Unterhaltsansprüche der Ehegatten und der Kinder wird gemäß § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG der Jahresbetrag des geforderten Unterhalts zuzüglich der bei Antragstellung rückständigen fälligen Beträge als Gegenstandswert berechnet. Unterhaltsrückstände, die vor der Einreichung des Antrages fällig waren, sind dem nach § 51 Abs. 1 FamGKG berechneten Wert hinzuzurechnen (§ 51 Abs. 2 FamGKG). Unterhaltsrückstände, die erst während des laufenden Verfahrens entstehen, dürfen nach § 51 Abs. 2 FamGKG dagegen nicht berücksichtigt werden. Beachten Sie, dass Unterhalt monatlich im Voraus zu zahlen ist (§ 1612 Abs. 3 BGB). Wird also der Antrag z. B. am 15. Juni bei Gericht eingereicht, dann ist der Unterhalt für Juni bereits fällig gewesen und damit rückständig. Siehe auch Rdn 95 ff. und § 3 Rdn 104 f.

Der Gebührenstreitwert kann nur dann geringer sein als der Jahresbetrag des Unterhalts, wenn schon bei Einreichung des verfahrenseinleitenden Antrags endgültig absehbar ist, dass der gesetzliche Unterhalt für weniger als ein Jahr verlangt wird.

Bei unterschiedlich hohen Monatsbeträgen des gesetzlichen Unterhalts werden die Monatsbeträge der ersten 12 Monate nach Einreichung des Antrags zusammengerechnet. Bei Unterhaltsansprüchen von minderjährigen Kindern richtet sich der monatliche Unterhaltsbetrag nach dem Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Antragstellung (§ 51 Abs. 1 S. 2 FamGKG, siehe unten).

 

Beispiel:

Herr Borstig hat die gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnte Wohnung verlassen und ist zu Frau Reitz, seiner Freundin, gezogen. Zurzeit kann sich Frau Borstig noch nicht scheiden lassen, da die Trennungszeit (§ 1566 BGB) noch nicht verstrichen ist. Während der Trennungszeit macht Frau Borstig Unterhaltsansprüche für sich (500,00 EUR) und ihre vier Kinder (je 400,00 EUR) geltend. Für einen Monat verlangt sie rückständigen Unterhalt. RA Klacks soll sie vertreten.

Der Gegenstandswert von 27.300,00 EUR ermittelt sich wie folgt:

Das Unterhaltsverfahren ist hier eine selbstständige Familiensache. Da RA Klacks alle Unterhaltsansprüche in einem Verfahren einfordern soll, werden die Werte gemäß § 33 Abs. 1 FamGKG und § 22 Abs. 1 RVG zusammengerechnet. Es werden folglich zuerst einmal die pro Monat geforderten Beträge addiert (4 x 400,00 EUR + 500,00 EUR = 2.100,00 EUR). Der Jahresbetrag dieser Beträge ergibt gemäß § 51 Abs. 1 FamGKG den Gegenstandswert, wozu noch der rückständige Unterhalt gemäß § 51 Abs. 2 FamGKG hinzuzurechnen ist. Der Gegenstandswert beträgt also 12 x 2.100,00 EUR = 25.200,00 EUR + 2.100,00 EUR = 27.300,00 EUR.

 

Rz. 43

Wenn ein minderjähriges Kind Unterhalt von einem Elternteil verlangt, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, so kann es den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen (§§ 1612a bis 1612c BGB). Der Mindestunterhalt richtet sich nach dem im Einkommensteuergesetz festgesetzten sächlichen Existenzminimum eines Kindes. Die jeweils geltenden Unterhaltsbeträge können Sie der aktuellen "Düsseldorfer Tabelle" entnehmen, wobei der Mindestunterhalt sich aus den Richtsätzen der 1. Einkommensgruppe ergibt. Wenn Unterhalt in dieser Form eingefordert wird, so wird der Unterhaltsberechnung der Unterhaltsbetrag zugrunde gelegt, der entsprechend dem Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Einreichung des verfahrenseinleitenden Antrages maßgeblich ist (§ 51 Abs. 1 S. 2 FamGKG). Außer im Falle des Verfahrens in Unterhaltssachen (§§ 231 ff. FamFG) gilt dies auch im vereinfachten Verfahren zur Festsetzung des Unterhalts nach den §§ 249 ff. FamFG ab Stellung des Antrags. Siehe auch Rdn 95 ff. und § 3 Rdn 104 f.

 

Rz. 44

 

Hinweis:

Die Bemessung des Mindestunterhalts für ein minderjähriges Kind erfolgt gemäß § 1612a BGB so: Die Bundesregierung erstellt alle zwei Jahre einen "Existenzminimumbericht" für Erwachsene und Kinder, in dem unter anderem das steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum minderjähriger Kinder errechnet wird. Ein Zwölftel dieses sächlichen Existenzminimums für Kinder ergibt den monatlichen Mindestunterhalt in der zweiten Altersstufe (§ 1612a Abs. 1 S. 3 BGB).

Dieser Mindestunterhalt wurde vom Bundesminister der Justiz und Verbraucherschutz erstmals in der "Mindestunterhaltsverordnung" vom 03.12.2015 festgesetzt. Gemäß § 1612a Abs. 4 BGB wird der Mindestunterhalt alle zwei Jahre durch Rechtsverordnung neu festgesetzt.

Mit der "Vierten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung" vom 30.11.2021 (BGBl. I 2021, S. 5066) wurde ab dem 01.01.2022 der ...

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