Rz. 41
Nach § 2077 Abs. 1 S. 2 BGB wird der Zeitpunkt der Rechtskraft über die eheauflösende Entscheidung vorgezogen: Der Eheauflösung steht es gleich, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe vorgelegen haben und der Erblasser die Scheidung entweder beantragt oder ihr gegenüber dem Familiengericht zugestimmt hatte.
Die Regelung in § 2077 BGB ist auch verfassungsgemäß. Dazu das BVerfG:
Zitat
"Art. 6 Abs. 1 GG wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass die vorzeitige Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung zugunsten des Ehegatten in § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB voraussetzt, dass die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen und beide Ehegatten zu erkennen gegeben haben, dass sie ihre Ehe als gescheitert ansehen und deshalb nicht mehr an ihr festhalten wollen."
§ 2077 BGB ist damit in Bezug auf die Erbeinsetzung des Ehegatten durch einseitiges Testament die entsprechende Regelung zu § 1933 BGB für das gesetzliche Ehegattenerbrecht.
Rz. 42
Art. 6 Abs. 1 GG wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass die vorzeitige Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung zugunsten des Ehegatten in § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB voraussetzt, dass die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen und beide Ehegatten zu erkennen gegeben haben, dass sie ihre Ehe als gescheitert ansehen und deshalb nicht mehr an ihr festhalten wollen.
Rz. 43
Hat der Erblasser seinen Verlobten eingesetzt und ist das Verlöbnis vor seinem Tode gelöst worden, so ist die betreffende Verfügung von Todes wegen unwirksam (§ 2077 Abs. 2 BGB).
Bei Zuwendungen an das Schwiegerkind ist § 2077 BGB nicht entsprechend anzuwenden, es sei denn, die Schwiegereltern wollten, dass das Schwiegerkind nur dann Erbe wird, wenn die familienrechtliche Bindung fortbesteht. Nach der Rechtsprechung des BGH reicht das Näheverhältnis zwischen Schwiegereltern und Schwiegerkindern nicht aus, die Wirksamkeit der Zuwendung an Schwiegerkinder allein wegen der gescheiterten Ehe in Frage zu stellen. Aber als Ausweg bleibt die Möglichkeit einer Anfechtung nach § 2078 Abs. 2 BGB (Irrtum über den Nichteintritt eines künftigen Umstandes – die Scheidung des eigenen Kindes vom Schwiegerkind).
Rz. 44
Auf die nichteheliche – heterosexuelle – Lebensgemeinschaft kann diese Rechtsprechung nicht übertragen werden.
Rz. 45
Die formalen Voraussetzungen der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags sind dieselben wie oben bei Rdn 24 dargestellt. Das BGB regelt durchgängig den Wegfall des Ehegattenerbrechts ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Scheidung vorgelegen haben, und zwar für das gesetzliche Erbrecht in § 1933 BGB, für das Erbrecht im einseitigen Testament in § 2077 BGB, für das gemeinschaftliche Testament in § 2268 BGB und für den Ehegattenerbvertrag in § 2279 BGB.
Rz. 46
Folge des Wegfalls des testamentarischen Ehegatten-Erbrechts:
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Außer dem Entfallen des testamentarischen Erbrechts kein gesetzliches Ehegatten-Erbrecht. |
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Dieses ist schon gem. § 1933 BGB ausgeschlossen. |
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Kein Pflichtteilsrecht des überlebenden Ehegatten. |
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Pflichtteilsrecht setzt bestehendes gesetzliches Erbrecht voraus (das abstrakte gesetzliche Erbrecht ist die Grundlage für das Pflichtteilsrecht). |