Rz. 1

Zu unterscheiden sind drei Arten des gemeinschaftlichen Testaments bzw. einzelner Anordnungen in einem gemeinschaftlichen Testament:

(1) einfaches gemeinschaftliches Testament
(2) gegenseitiges gemeinschaftliches Testament
(3) wechselbezügliches (korrespektives) gemeinschaftliches Testament.
 

Rz. 2

Einfaches gemeinschaftliches Testament: Es wird auch gleichzeitiges Testament genannt. Die Ehegatten bzw. Lebenspartner errichten in einer einheitlichen Urkunde zwei inhaltlich voneinander völlig unabhängige Testamente und bedienen sich der erleichterten Form des § 2267 BGB.

 

Beispiel

Die Ehegatten sind in jeweils zweiter Ehe verheiratet. Jeder setzt seine erstehelichen Kinder zu Erben ein.

Dieses Testament hätte auch in zwei getrennten einseitigen Testamenten errichtet werden können.

 

Rz. 3

Gegenseitiges Testament: Es besteht ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den beiderseitigen Verfügungen, sie hängen jedoch nicht voneinander ab.

 

Beispiel

Ehegatten setzen sich gegenseitig zu Erben ein, bestimmen aber, dass die Verfügungen nicht wechselbezüglich sind.

Nach der Vermutung des § 2270 Abs. 2 BGB würde hierbei Wechselbezüglichkeit angenommen, deshalb muss man diese Vermutung ausschließen. (Zur Wechselbezüglichkeit im Einzelnen siehe § 5).

 

Rz. 4

Unter Wechselbezüglichkeit versteht man die gegenseitige innere Abhängigkeit der beiderseitigen Verfügungen aus dem Zusammenhang des Motivs und wenn "eine Verfügung mit der anderen stehen und fallen soll" (siehe auch § 5 Rdn 9).

 

Rz. 5

Auch wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament können einseitig widerrufen werden nach den Vorschriften über den Rücktritt vom Erbvertrag, §§ 2271 Abs. 1 S. 1, 2296 BGB. In einer ernsthaften Ehekrise ist also zu erwägen, einen solchen Widerruf zu erklären. Der Widerruf bedarf der notariellen Beurkundung und ist gegenüber dem anderen Ehegatten zu erklären.

Bei unbekanntem Aufenthalt des anderen Ehegatten ist auch öffentliche Zustellung möglich (§ 132 Abs. 2 S. 1 BGB).[1]

 

Rz. 6

Dass Eheleute ein gemeinschaftliches Testament auch bzgl. der wechselbezüglichen Anordnungen gemeinschaftlich nach den allgemeinen Regeln des Testamentsrechts widerrufen können (§§ 2253 ff. BGB), ist so selbstverständlich, dass dies nicht im Einzelnen geregelt werden muss. Die Besonderheit ist der einseitige Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung, die § 2271 Abs. 1 BGB ermöglicht.

Einseitiger Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung:

(1) Notarielle Beurkundung (§ 2296 BGB) und
(2)

Zugang an den anderen. Praxis und Rechtsprechung konkretisieren dieses konstitutive Erfordernis eines einseitigen Widerrufs wie folgt:

Zustellung einer Ausfertigung (!) – begl. Abschrift reicht nicht[2] – durch Gerichtsvollzieher (Zugangsfiktion des § 132 BGB).

(3) Dies gilt auch für das privatschriftliche gemeinschaftliche Testament, weil auch das privatschriftliche Testament zu den ordentlichen Testamentsformen gehört, vgl. § 2231 BGB.
[1] OLG Köln NJW-RR 2006, 1380.
[2] BGHZ 48, 374; OLG Hamm FamRZ 1991, 1486 mit Anm. v. Hohloch, JuS 1992, 259.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?