I. Vorrang des ehrenamtlichen Betreuers, § 1816 Abs. 5 S. 1 BGB n.F.
Rz. 32
Ehrenamtliche Betreuer entstammen fast ausschließlich dem Familien- und Freundeskreis des Betroffenen. Die Förderung ehrenamtlicher Betreuer war in der Reformdiskussion ein oft zu vernehmendes Ziel, etwa auch als Forderung an die Betreuungsvereine. Vor den Motiven des bürgerschaftlichen Engagements und der Kosteneinsparung ist dies nachzuvollziehen. Allein erscheint es fraglich, ob insoweit eine bemerkenswerte Entwicklung eintreten wird. Die Aufgabe eines Betreuers erfordert weitreichende Kenntnisse und mitunter viel Einsatz, bringt aber nicht immer die von Ehrenamtlichen erwünschte Anerkennung. In § 1816 Abs. 4 BGB n.F. wird für solche Betreuer der Abschluss einer Vereinbarung über die Begleitung und Unterstützung (§§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 5 Abs. 2 S. 3 BtOG) verpflichtend.
Rz. 33
Der schon bislang (§ 1897 Abs. 6 BGB a F) bestehende Vorrang des ehrenamtlichen Betreuers vor dem Berufsbetreuer wird nun in § 1816 Abs. 5 BGB n.F. ausformuliert. Der Vorrang gilt auch vor einem ausdrücklichen anderen Wunsch des Betroffenen nach einem Berufsbetreuer. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung und ist sinnvoll. So kann das Gericht bei Betreuungen agieren, wenn z.B. Familienmitglieder zwar tätig sein könnten, aber mehr aus Bequemlichkeit den "Service" eines (meist vom Staat bezahlten) Berufsbetreuers in Anspruch nehmen möchten. Die Pflicht zur Übernahme einer Betreuung ergibt sich aus § 1819 Abs. 1 BGB n.F. (bislang § 1898 BGB a.F.).
Wichtige Regelung
Der Vorrang des ehrenamtlichen Betreuers vor dem Berufsbetreuer gilt auch vor einem ausdrücklichen anderen Wunsch des Betroffenen nach einem Berufsbetreuer.
II. Vereins- und Behördenbetreuer, § 1818 BGB n.F.
Rz. 34
In der Gesetzesbegründung wird anerkannt, dass es gute Argumente für die Gleichberechtigung der Vereine bei der Auswahl des Betreuers gebe. Trotzdem werde an dem Vorrang der natürlichen Person als Betreuer, also ggf. einem Mitarbeiter eines Betreuungsvereins, festgehalten, um die Einflussnahme des Gerichts bei der Auswahl der Person des Betreuers sicherzustellen.
Rz. 35
Es kann also als Rangfolge – unter Beachtung des Wunsches des Betroffenen – festgestellt werden:
1. |
Ehrenamtlicher Betreuer (auch familienfremd, z.B. auf Vermittlung eines Betreuungsvereins) |
2. |
Berufsbetreuer (auch als Angestellter eines Betreuungsvereins) |
3. |
Betreuungsverein (als juristische Person, welche die Aufgabe vorranging durch ehrenamtliche Mitarbeiter und erst nachrangig durch hauptamtliche Mitarbeiter ausübt) |
4. |
Betreuungsbehörde (§ 1818 Abs. 4 BGB n.F.). |
III. Betreuungswunsch
Rz. 36
Den Wünschen des Betroffenen bei der Auswahl des Betreuers soll auch an dieser Stelle noch mehr Gewicht gegeben werden. (siehe § 9).
IV. Ausgeschlossene Personen, § 1816 Abs. 6 BGB
Rz. 37
Sind nach dem Wortlaut des § 1897 Abs. 3 BGB a.F. nur Mitarbeiter von stationären Einrichtungen von der Betreuungsführung ausgeschlossen, weitet dies § 1816 Abs. 6 BGB n.F. auf alle Mitarbeiter von Einrichtungen oder Diensten aus, die den Betreuten versorgen, also insbesondere auch auf solche von ambulanten Pflegediensten.