1. Einleitung
Rz. 5
Orientierte sich die Erforderlichkeit bislang an den Aufgabenkreisen (§ 1896 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.), ist nun der Grundsatz der Notwendigkeit der Erforderlichkeit in § 1814 Abs. 3 S. 1 BGB n.F. festgeschrieben und im § 1814 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. wird der Vorrang anderer Unterstützung ausformuliert.
2. Vorsorgevollmacht
Rz. 6
Die Erforderlichkeit entfällt wie bisher bei einer ausreichenden Vorsorgebevollmächtigung (dazu § 15), § 1814 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F. (bisher § 1896 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BGB a.F.). Beim Vorrang der Bevollmächtigung werden die Worte "ebenso gut" klarstellend durch "gleichermaßen" ersetzt, da ein Berufsbetreuer bei wörtlicher Auslegung der alten Formulierung aufgrund seiner Qualifikation und Übung einem ehrenamtlichen Bevollmächtigten in den meisten rechtlichen Bereichen überlegen ist.
Wichtige Regelung
Der Bevollmächtigte muss nicht mehr "ebenso gut" geeignet sein.
Rz. 7
Ausgeschlossen als vorrangige Bevollmächtigte sind die bisher in § 1897 Abs. 3 BGB a.F. und nun (mit anderer Formulierung, siehe § 17 Rdn 14 f.) in § 1816 Abs. 6 BGB n.F. genannten Personen, die den Betroffenen professionell versorgen, wobei der Kreis sinnvollerweise deutlich ausgeweitet wurde. So geht es nicht mehr nur um Angestellte von Einrichtungen, bei denen der Betroffene wohnt, sondern auch um andere Versorgende wie ambulante Pflegedienste. Allerdings enthält § 1816 Abs. 6 BGB n.F. in Satz 2 auch eine Öffnungsklausel bei fehlender Interessenkollision.
Wichtige Änderung
Mitarbeiter jeglicher Träger, die den Betroffenen versorgen, sind grundsätzlich keine Bevollmächtigten, die eine Betreuung ausschließen. Bislang musste der Betroffene bei dem Träger wohnen oder untergebracht sein.
3. Andere Hilfen
Rz. 8
Die "anderen Hilfen", bislang etwas versteckt in § 1896 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BGB a.F., werden nun im Sinne des Versuches der Kosteneinsparung in § 1814 Abs. 3 Nr. 2 BGB n.F. besonders betont. Tatsächlich wären viele Betreuungen entbehrlich, wenn insbesondere die Sozialbehörden umfassend beraten würden, weil ein großer Teil der Arbeit von Betreuern in der Beantragung von Sozialleistungen besteht. Ob dies bei der Komplexität der Vorgänge sowie der oft eher auf Leistungsabwehr ausgerichteten sowie personell unzureichend ausgestatten Behörden gelingen wird, erscheint sehr fraglich.
Rz. 9
Unterstützungen nach sozialrechtlichen Vorschriften gehen vor. Der Begriff der "sozialen Rechte" bezieht sich auf § 2 SGB I. Weiter benannt werden Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX, Maßnahmen der Jugendhilfe für junge Volljährige bis zum 27. Lebensjahr nach § 41 SGB VIII oder Hilfen zur Abwendung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67–69 SGB XII. Entgegengetreten werden soll auch der Rechtsprechung des BSG, nach der soziale Hilfen nicht zu gewähren sind, wenn eine Betreuung besteht. Daraus wird anscheinend oft ein Vorrang der Betreuung gefolgert und Betreuungen werden eingerichtet.
Es kann sich aber auch um tatsächliche Unterstützungen durch Nachbarn, Familie oder Freunde handeln. Wesentlich ist dabei die Erledigung, also die Regelung einer konkreten Angelegenheit, und nicht mehr die Besorgung, wodurch die Notwendigkeit eines dem Berufsbetreuer entsprechender Qualitätsmaßstabes intendiert wurde.
Rz. 10
Die Betreuungsbehörde hat gem. § 8 Abs. 1 BtOG die Pflicht, andere Hilfen nach § 5 Abs. 1 BtOG zu vermitteln und soll bei dem Kontakt zu Hilfen bei Sozialleistungsträgern unterstützen. Zusätzlich geschaffen wurde die so genannte "erweiterte Unterstützung", § 8 Abs. 2 BtOG. Danach kann die Betreuungsbehörde selbst oder gem. § 8 Abs. 4 BtOG durch einen beauftragten Betreuungsverein oder Berufsbetreuer direkte Hilfestellung geben, um konkrete Probleme zu lösen und so eine Betreuung zu vermeiden. Denkbar ist das beispielsweise, wenn lediglich ein einmaliger Sozialleistungsantrag gestellt werden muss, was aber die Fähigkeiten des Betroffenen übersteigt. Es ist mit Spannung abzuwarten, ob dieses sinnvolle, niederschwellige Instrument angenommen und umgesetzt wird.
Wichtige Regelung
Die Bereuungsbehörde soll durch eine erweiterte Unterstützung im Vorfeld einer Betreuung direkt tätig werden und so Betreuungseinrichtungen verhindern.
Rz. 11
Die Ehegattenvertretung (siehe § 10) ist schließlich eine "andere Hilfe", mit welcher Betreuungen für die Vertretung in akuten Gesundheitsfragen vermieden werden sollen.
Wird eine Betreuung grundsätzlich eingerichtet, aber für einen bestimmten Aufgabenkreis nicht angeordnet, da andere Hilfen gegeben zu sein scheinen, und erweist sich dies als nicht ausreichend, erleichtert § 293 Abs. 3 BGB n.F. die Erweiterung der Betreuung. Es ist bei unverändertem Gesundheitszustand dann kein Gutachten oder ärztliches Zeugnis notwendig.