a) Allgemeines
Rz. 452
Sobald die Teilung des Nachlasses ausgeführt ist, sind Eigenvermögen des jeweiligen Miterben einerseits und Nachlass andererseits keine getrennten Vermögensmassen mehr, vielmehr haben sich das Eigenvermögen und die Vermögensgegenstände, die der Erbe bei der Nachlassteilung erhalten hat, miteinander vermischt. Damit ist die Rechtsposition des Nachlassgläubigers wieder unsicherer geworden. Nach der Nachlassteilung ist die haftungsrechtliche Situation wieder vergleichbar mit der des Alleinerben, wobei nun allerdings mehrere Eigenvermögen der Miterben dem Nachlassgläubiger zur Verfügung stehen.
Nach der Teilung gibt es weder eine gesamthänderische Haftung mit dem Nachlass nach § 2059 Abs. 2 BGB noch eine beschränkte Haftung des Miterben mit seinem Erbteil nach § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB.
Rz. 453
Weil der Nachlass nicht mehr als Gesamthandsvermögen existiert, ist auch die Möglichkeit einer Gesamthandsklage in den ungeteilten Nachlass entfallen (§ 2059 Abs. 2 BGB; und damit auch in jeden Erbteil des Einzelnen, § 747 ZPO). Da die sich aus § 2059 BGB ergebenden Haftungsbeschränkungen damit nicht mehr bestehen, bleibt es beim Grundsatz der gesamtschuldnerischen Haftung des § 2058 BGB.
b) Grundsatz der gesamtschuldnerischen Haftung
Rz. 454
Nach der Teilung haftet ein Miterbe gem. § 2058 BGB als Gesamtschuldner. Diese strenge Sanktion ist vor dem Hintergrund der §§ 2046, 756 BGB zu sehen. Nach diesen Vorschriften soll weder der Nachlass noch ein Nachlassgegenstand unter den Erben aufgeteilt werden, solange nicht die Nachlassverbindlichkeiten erfüllt sind. Wurde diese Pflicht verletzt, so haben alle Miterben die Folgen zu tragen, denn nur mit ihrer Zustimmung konnte bei der Erbteilung über die einzelnen Nachlassgegenstände verfügt werden, § 2040 Abs. 1 BGB.
Die gesamtschuldnerische Haftung der Miterben für eine nicht schon vorher getilgte Nachlassverbindlichkeit bleibt gem. § 2058 BGB auch nach der Erbteilung bestehen.
Unter den Miterben besteht, wenn ein Miterbe eine Nachlassverbindlichkeit erfüllt hat, ein Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs. 1 BGB. Bei dem Ausgleichsanspruch eines Miterben aus §§ 2058, 426 Abs. 1 BGB handelt es sich um einen erbrechtlich begründeten Anspruch, der gem. § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegt. § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist dahin zu verstehen, dass mit "erbrechtlichen Ansprüchen" alle Ansprüche gemeint sind, die sich "aus" dem mit "Erbrecht" überschriebenen Buch 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches ergeben. Die Vorschrift gilt dabei für den Regelungsbereich uneingeschränkt, also auch für Ansprüche der Erben untereinander. Für erbrechtliche Ansprüche gilt im Grundsatz die dreijährige Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB).
Rz. 455
Falls eine Nachlassverbindlichkeit, die grundsätzlich vor der Erbteilung zu erfüllen ist (§ 2046 BGB), noch nicht fällig oder streitig ist, so ist bei der Erbteilung das zu ihrer Erfüllung Erforderliche zurückzubehalten, vgl. § 2046 Abs. 1 S. 2 BGB. An dem zurückbehaltenen Nachlassteil bleibt die Erbengemeinschaft bestehen und muss zum gegebenen Zeitpunkt nach den allgemeinen Teilungsregeln auseinandergesetzt werden. Insofern besteht ausnahmsweise nur ein Anspruch auf teilweise Nachlassauseinandersetzung.
c) Ausnahmen von der gesamtschuldnerischen Haftung
Rz. 456
Aber für solche Nachlassverbindlichkeiten, die im Zeitpunkt der Teilung unbekannt waren, kann diese strenge Sanktion nicht gelten: Für die Forderungen derjenigen Gläubiger, die nach Durchführung des Aufgebotsverfahrens entweder ausgeschlossen sind oder die sich nicht gemeldet haben, haftet der Miterbe gem. § 2060 Nr. 1, 2 BGB nicht gesamtschuldnerisch, sondern nur mit einer Quote, die seinem Erbteil entspricht.
Rz. 457
Darüber hinaus stellt § 2061 BGB den Miterben noch ein privates Aufgebot zur Verfügung; Nachlassgläubiger, die sich hierbei nicht melden, können ebenfalls nur eine anteilige Erfüllung aus dem Eigenvermögen eines Miterben verlangen, es sei denn, der Miterbe hätte die Forderung gekannt.
Das private Aufgebot nach § 2061 BGB ist keine Nachlasssache i.S.v. § 342 FamFG und deshalb auch nicht vom Nachlassgericht bekanntzumachen, es ist vielmehr eine private Angelegenheit des/der Erben.
Rz. 458
Anteilig haften die Miterben gem. § 2060 Nr. 3 BGB schließlich noch bei Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens durch Verteilung der Masse. Dies gilt auch, wenn das Nachlassinsolvenzverfahren nach der Teilung eröffnet worden ist: Die durch die Teilung bewirkte gesamtschuldnerische Haftung gem. § 2058 BGB wird durch die nachträgliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder aufgehoben.
Rz. 459
Hinweis
Sehr häufig nehmen Miterben schon kurze Zeit nach dem Erbfall eine auf einzelne Nachlassgegenstände bezogene Teilauseinandersetzung des Nachlasses vor (Verteilung des Mobiliars, Pkw, Abschlagszahlungen aus Bankguthaben etc.). Dies stellt i.d.R. noch keine...