Rz. 190
Einkommensteuer: Einkommensteuerforderungen, die auf solche Einkünfte entfallen, die der Erblasser bis zu seinem Tode erzielt hat, sind zweifelsfrei Erblasserschulden und damit Nachlassverbindlichkeit. Die vom Erblasser herrührende Einkommensteuer des Todesjahres, einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag, sind Nachlassverbindlichkeiten.
Rz. 191
Zu versteuernde Einkünfte, die nach dem Erbfall entstehen, sind Einkünfte des Erben und damit keine Nachlassverbindlichkeit, sondern Eigenverbindlichkeit des Erben. Der Steuersatz richtet sich nach den persönlichen steuerrechtlichen Verhältnissen des Erben. Auch wenn Nachlassverwaltung angeordnet wird, sind die Einkünfte dem Erben persönlich zuzurechnen.
Rz. 192
Eine im Zeitpunkt der Erbschaftsannahme nicht bekannte Steuerverbindlichkeit für zurückliegende Veranlagungszeiträume kann u.U. zu einer Irrtumsanfechtung der Annahmeerklärung gem. § 119 Abs. 2 BGB (vgl. hierzu Rdn 232 ff.) führen.
Rz. 193
Im Übrigen gilt für die Haftung des Erben für Steuerschulden des Erblassers allgemeines Erben-Haftungsbeschränkungsrecht, § 265 AO.
Rz. 194
Erbschaftsteuerschuld: Ob die Erbschaftsteuerschuld als Erbfallschuld zu den Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 1967 BGB gehört, ist streitig:
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bejahend: BFH und OLG Naumburg; |
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verneinend (weil Eigenverbindlichkeit des Erben): OLG Hamm; OLG Frankfurt; BayObLG; OLG Koblenz und OLG Düsseldorf. Letzteres führt aus: |
Zitat
"Zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gehören … nicht die vom Erben zu zahlende Erbschaftsteuer und folglich auch nicht die Kosten der Erstellung der Erbschaftsteuererklärung. … Denn Voraussetzung der Nachlassverbindlichkeit einerseits ist, dass die Verpflichtung den Erben in seiner Eigenschaft als Erbe trifft, andererseits muss sie zur Abwicklung des Nachlasses gehören (BGHZ 32, 60, 64; OLG Hamm OLGZ 1990, 393, 396). Diese Voraussetzungen werden aber hinsichtlich der Erbschaftsteuerschuld nicht erfüllt. Der Erbe wird zwar in seiner Eigenschaft als Erbe belastet, jedoch haftet er nicht für die Erbschaftsteuerschulden anderer Erben (z.B. Pflichtteilsberechtigte)."
Rz. 195
Mit der überwiegenden zivilrechtlichen Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass Erbschaftsteuerschulden keine Nachlassverbindlichkeiten i.S.d. § 1967 Abs. 2 BGB sind. Allein ein gegenteiliger Wille des Erblassers kann eine Einordnung als Nachlassverbindlichkeiten rechtfertigen.
Sollen Erbschaftsteuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten i.S.d. § 1967 Abs. 2 BGB Berücksichtigung finden, hat der Erblasser dies durch Verfügung von Todes wegen ausdrücklich anzuordnen. Berater und Gerichte müssen deshalb den tatsächlichen Willen des Erblassers auch im Hinblick auf anfallende Erbschaftsteuern ermitteln. Das erlangt Bedeutung, wenn er ein Geldvermächtnis aussetzen möchte, welches dem Vermächtnisnehmer nicht als Geldbetrag in feststehender Höhe zufallen soll, sondern dessen Umfang sich am noch vorhandenen Geldvermögen nach Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten bemessen soll. Nur wenn eine entsprechende Anordnung der Berücksichtigungsfähigkeit der Erbschaftsteuer durch den Erblasser erfolgt ist, kann der Erbe die Erbschaftsteuer vor der Erfüllung der Geldvermächtnisansprüche in Abzug bringen. Eine Beschränkung etwaiger Ansprüche von Pflichtteilsberechtigten scheidet – selbst bei entsprechender Anordnung durch den Erblasser – in jedem Fall aus.
Das Finanzamt darf im Falle der Nachlassverwaltung oder der Nachlassinsolvenz aus einem gegen den Erben als Gesamtrechtsnachfolger ergangenen vollstreckbaren Steuerbescheid nur in Nachlassgegenstände und nicht in das Eigenvermögen vollstrecken.
Veräußert ein Miterbe das ihm im Rahmen der Erbauseinandersetzung übertragene, gem. § 13a ErbStG begünstigt besteuerte Betriebsgrundstück innerhalb der Behaltensfrist (von fünf Jahren), ist gem. § 13a Abs. 5 Nr. 1 S. 1 ErbStG eine Nachversteuerung unabhängig davon, ob für die anderen Miterben eine Möglichkeit zur Mitwirkung und Einflussnahme an der Veräußerung bestanden hat, durchzuführen.