A. Festsetzungsfrist
Rz. 1
Als Festsetzungsfrist wird eine Frist bezeichnet, nach deren Ablauf eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig sind, § 169 Abs. 1 S. 1 AO. Zu beachten ist, dass auch nach Eintritt der Festsetzungsfrist eine Änderung noch möglich ist, insbesondere bei Eintritt eines Ereignisses, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis), § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO.
B. Fristdauer
Rz. 2
Im Regelfall beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre und bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, § 169 Abs. 2 AO.
C. Fristbeginn
Rz. 3
Gemäß § 170 Abs. 1 S. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Wann die Erbschaft- und Schenkungsteuer entsteht, richtet sich nach § 9 ErbStG (siehe § 9 Rdn 1 ff.>).
Rz. 4
Zu beachten ist aber die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO. Danach beginnt die Festsetzungsfrist in Fällen, in denen nach Aufforderung durch das Finanzamt eine Erbschaft- oder Schenkungsteuererklärung einzureichen oder eine Anzeige nach § 30 ErbStG (siehe § 10 Rdn 1 ff.>) zu erstatten ist, erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Steuererklärung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Entstehungsjahr der Steuer nach § 9 ErbStG folgt. Eine verspätete Anzeige i.S.d. § 30 ErbStG verzögert mithin den Anlauf der Festsetzungsfrist, wobei diese wiederum spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die Steuer gem. § 9 ErbStG entstanden ist. Die Aufforderung zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung gegenüber einem Erwerber löst gegenüber den anderen Erwerbern (insbesondere Miterben, Vermächtnisnehmer, Pflichtteilsberechtigter) keine Anlaufhemmung aus. Weder die Anzeige einer notariell beurkundeten Schenkung durch einen Notar gem. § 30 Abs. 3 S. 2 ErbStG (siehe § 10 Rdn 6>) noch eine solche durch Vermögensverwahrer, Vermögensverwalter und Versicherungsunternehmen führt zu einer Anlaufhemmung i.S.d. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO; die Festsetzungsfrist beginnt mithin (zugunsten) des Steuerpflichtigen zu laufen.
Rz. 5
Da – anders als etwa bei der Einkommensteuer – bei einmaligen Erwerbsvorgängen wie Schenkungen oder Erbschaften das Finanzamt regelmäßig keine Kenntnis hat, sieht § 170 Abs. 5 AO im Rahmen der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung eine weitere Anlaufhemmung für die Festsetzungsfrist vor. Danach beginnt der Fristlauf
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bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat, § 170 Abs. 5 Nr. 1 AO, und |
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bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat, § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO. |