Rz. 37
Der Erbauseinandersetzungsvertrag ist im außergerichtlichen Tätigkeitsbereich bei der Vertretung eines oder mehrerer Miterben ein sehr häufiger Mandatsgegenstand: Entweder lautet der dem Rechtsanwalt erteilte Auftrag, den/die Auftraggeber als Miterben bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu vertreten und einen Auseinandersetzungsvertrag zu entwerfen oder den/die Auftraggeber beim Abschluss des Vertrages zu vertreten.
Die üblichen Tätigkeiten sind
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die Informationsbeschaffung und |
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die Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen (Ermittlung der der Erbengemeinschaft zugrunde liegenden Erblasserverfügung(en) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht oder der zugrunde gelegten gesetzlichen Erbfolge) |
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die Vertretung des/der Auftraggeber nach außen gegenüber den weiteren Miterben und |
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die Besprechung der Rechtslage und der Möglichkeiten einer außergerichtlichen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit den Miterben. Hinzu kommt regelmäßig |
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die Vertretung/Begleitung des/der Auftraggeber beim Vertragsschluss z.B. vor einem Notar oder dem Gericht. |
Die Geschäftsgebühr stellt hierbei die sog. Betriebsgebühr dar. Daneben können "die Allgemeinen Gebühren" des ersten Teils des VV RVG entstehen:
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die Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV RVG |
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die Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV RVG |
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die Hebegebühr, Nr. 1009 VV RVG |
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die Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG, soweit ein Klageauftrag vorlag. |
a) Vertretung
Rz. 38
Beispiel
Der Rechtsanwalt wird beauftragt, Auftraggeber M als Miterben bei der Teilung einer Erbengemeinschaft bestehend aus fünf Personen zu vertreten. Die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sind durchschnittlich. Das Testament ist lückenhaft und auslegungsbedürftig formuliert. Im Nachlass befindet sich eine Immobilie und Bar- und Depotvermögen. Im Testament des Erblassers sind verschiedene Auflagen und Vermächtnisse sowohl zugunsten von Miterben als auch anderer Dritter ausgesetzt. Der auf den Auftraggeber entfallende Wert des Nachlasses wird auf rd. 2 Mio. EUR geschätzt.
Unterstellt, dass Umfang und Schwierigkeit eine Erhöhung der Gebühren über den Mittelwert von 1,5 rechtfertigen, wäre die gesetzliche Vergütung wie folgt zu berechnen:
Vergütungsrechnung:
Gegenstandswert: 2.000.000 EUR |
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2,0 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG |
14.992,00 EUR |
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
2.852,28 EUR |
Summe |
17.864,28 EUR |
Der Ansatz der 2,0-Geschäftsgebühr sollte hier jedenfalls angenommen werden. Mit Blick auf den Umfang und die Schwierigkeit wird regelmäßig – und auch wegen des seinerzeitigen Entfallens der Besprechungsgebühr nach der früheren BRAGO-Vorschrift § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO – eine höhere Gebühr bis hin zur Höchstgebühr gerechtfertigt sein.
Rz. 39
Beispiel
Der Auftrag des Rechtsanwalts endet, bevor die Erbauseinandersetzung abschlossen worden ist.
Es ist hier zu prüfen, ob Umfang und Schwierigkeit die Gebührenbemessung noch rechtfertigen. Ist der Rechtsanwalt nur sehr kurze Zeit mit dem Mandat betraut, wird sich die Gebühr i.H.v. 2,0 nicht rechtfertigen lassen, so dass von einer 1,3–1,5 Gebühr auszugehen wäre.
Vergütungsrechnung:
Gegenstandswert: 2.000.000 EUR |
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1,3 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG |
9.744,80 EUR |
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
1.855,31 EUR |
Summe |
11.620,11 EUR |
b) Vertretung und Vergleichsabschluss
Rz. 40
Beispiel
Die Miterben einigen sich durch Abschluss eines notariellen Erbauseinandersetzungsvertrages auf bestimmte Erbenstellungen und die vollständige Veräußerung des Nachlasses (Immobilie, Münzsammlung, Depotvermögen) und legen vertraglich die Veräußerung bzw. Wertermittlung zur Veräußerung fest. Der Rechtsanwalt nimmt nach Abschluss des Vertrages den auf den Auftraggeber entfallende Miterbenanteil entgegen.
Soweit der Rechtsanwalt an der Erarbeitung des Vertrages mitgewirkt hat und dieser später geschlossen wird, ist eine Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG entstanden.
Gemäß Nr. 1000 Abs. 3 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr jedoch grundsätzlich auch dann, wenn der Vergleich bei Auftragserteilung bereits geschlossen worden ist, dieser jedoch noch widerrufen werden kann oder gar unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen worden ist. Die Gebühr entsteht in dem Augenblick, "wenn die Bedingung eingetreten oder der Vergleich nicht mehr widerrufen werden kann".
Vergütungsrechnung:
Gegenstandswert: 2.000.000 EUR |
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2,0 Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG |
14.992,00 EUR |
1,5 Einigungsgebühr § 13 RVG, Nr. 1000 VV RVG |
11.244,00 EUR |
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
4.988,64 EUR |
zu zahlender Betrag |
31.244,64 EUR |
Die Terminsgebühr kann bei Einschaltung eines Terminsvertreters im gerichtlichen Verfahren zweimal anfallen, wenn dieser einen Verhandlungstermin wahrnimmt und danach im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO unter Mitwirkung des (Haupt-)Prozessbevollmächtigten ein Vergleich geschlossen wird. Für den...