Rz. 44
Regelmäßig umfasst die anwaltliche Tätigkeit auch die Vertretung der Erbengemeinschaft oder einzelner Mitglieder bei der Feststellung der Erbenstellung. Dazu kann es erforderlich sein, Feststellungsklage zu erheben. Zunächst wird allerdings, wenn nicht ein notarielles Testament vorliegt, das zum Tragen kommt, ein Erbscheinsantrag zu stellen und die Erbenstellung gegebenenfalls in diesem Verfahren streitig zu ermitteln sein. Für das erstinstanzliche Verfahren fallen dabei die übliche Verfahrens- und Terminsgebühr an. Sie sollen hier nicht genauer erörtert werden, weil sich keine Besonderheiten ergeben.
Rz. 45
Eine Besonderheit ergab sich hingegen nach Inkrafttreten des RVG und des FamFG.
Durch die Neuregelungen des FamFG ist für Beschwerden in Nachlasssachen nicht mehr das Landgericht, sondern nunmehr das Oberlandesgericht zuständig. Nach der herrschenden Rechtsprechung seit Inkrafttreten des RVG erhält der Rechtsanwalt im Beschwerdeverfahren in Nachlasssachen seine Gebühren nach den Nrn. 3500 ff. VV RVG und nicht nach den Nrn. 3100, 3200 VV RVG. Die Diskussion wurde durch die Neueinführung des FamFG wiederbelebt, allerdings änderte sich hierdurch an der Gebührenhöhe nichts. Der Rechtsanwalt erhält im Beschwerdeverfahren nur eine 0,5 Verfahrensgebühr. Zuletzt hat das OLG Köln die bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach der Rechtsanwalt nicht eine 1,6-Gebühr, sondern nur eine 0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG verlangen kann. Seit Inkrafttreten des RVG wurde immer wieder diskutiert, ob es sich möglicherweise bei der fehlenden Nennung der Beschwerde in Erbscheinverfahren um eine planwidrige Lücke von Nr. 3200 VV RVG handele und deshalb die Nrn. 3200 ff. VV RVG analog anzuwenden seien. Das wird allerdings in Literatur und Rechtsprechung abgelehnt. Der Gesetzgeber habe vielmehr die Problematik gesehen und es nicht für erforderlich gehalten, das Nachlassverfahren höher zu bewerten, trotz der oft schwierigen Materie. Das OLG Köln hat jetzt nochmals klargestellt, das aus Nr. 3200 VV RVG in Verbindung mit der Vorbemerkung 3.2.1. nicht zu entnehmen sei, dass das Beschwerdeverfahren gemäß § 58 FamFG eine Verfahrensgebühr von 1,6 verursache. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht. Das wäre nur dann sachgerecht, wenn es sich bei dem Erbscheinverfahren um ein Verfahren handeln würde, dass mit den in der Vorschrift enumerativ genannten vergleichbar wäre. Den genannten Verfahren ist gemeinsam, dass sie in der Hauptsache ein streitiges Verfahren betreffen, das vergleichbar ist mit einem Berufungsverfahren. Das hatte das OLG hier abgelehnt mit Verweis auf die Entscheidung des BGH. Der BGH hatte in Bezug auf ein Notarbeschwerdeverfahren die Gleichbehandlung mit streitigen Verfahren und eine Anwendbarkeit von Nr. 3200 VV RVG auf die nicht ausdrücklich genannten Verfahren abgelehnt. Er hatte dies im Ergebnis damit begründet, dass eine abschließende Klärung des Rechtsverhältnisses der Parteien in diesen Verfahren nicht erfolge. In seiner Begründung hatte der BGH auch darauf abgestellt, dass nicht notwendigerweise an dem dortigen Verfahren Parteien mit widerstreitenden Interessen beteiligt wären. Diese Begründung hat das OLG Köln für das Erbscheinverfahren angewandt. Es hat damit die Rechtsprechung zur 0,5-Verfahrensgebühr im Erbscheinverfahren, entgegen den Stimmen aus der Anwaltschaft, wonach auch eine Beschwerde im Erbscheinverfahren mit einem streitigen Verfahren hinsichtlich Arbeitsaufwand und Interessenlage vergleichbar sei, aktualisiert. Im Beschwerdeverfahren fällt also nur die 0,5-Verfahrensgebühr an. Nach Nr. 2 Buchst. b ist der Unterabschnitt nicht nur anzuwenden auf FamFG-Sachen aus dem Bereich des Familienrechts oder in Landwirtschaftssachen, sondern auf alle Endentscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Damit erhält der Rechtsanwalt im Erbscheinsverfahren in 2. Instanz die gleichen Gebühren wie im Berufungsverfahren.
Rz. 46
Die Kostentragungspflicht richtet sich nach § 81 FamFG. Danach kann das Gericht den Beteiligten die Kosten nach billigem Ermessen auferlegen oder auch von der Erhebung von (Gerichts-)kosten absehen. Das Gericht entscheidet hierüber von Amts wegen. Eines Antrages bedarf es nicht. Enthält die Entscheidung keinen Kostenausspruch, soll hierin eine stillschweigende Entscheidung dazu enthalten sein, dass Kosten nicht erstattet werden und jeder seine Anwaltskosten sowie derjenige die Gerichtskosten zu tragen hat, der nach dem GNotKG bzw. FamGKG Kostenschuldner ist.
Rz. 47
Das 2. KostRMoG sieht die Aufwertung der Beschwerdeverfahren in der neu gefassten und erweiterten Vorbem. 3.2.1 VV RVG vor.