Martin Lindenau, Dominikus Arweiler
Rz. 51
Im Rahmen der dem deutschen Recht immanenten und der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG entspringenden Vertragsfreiheit steht es den Parteien frei, das Grundverhältnis entsprechend den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen auszugestalten. Von den gesetzlichen Normierungen hinsichtlich des Auftragsrechtes kann somit durch ausdrückliche Vereinbarung abgewichen werden.
Rz. 52
Praxistipp
Die jeweilige Möglichkeit und Notwendigkeit derartiger Anpassungen ist stets mit der Mandantschaft zu erörtern. Die Grenzen der Vertragsfreiheit, insbesondere aufgrund von gesetzlichen Verboten und Sittenwidrigkeiten (§§ 134, 138, 242 BGB), bleiben zu beachten.
Rz. 53
Dem Vollmachtgeber steht es somit frei, mit dem Bevollmächtigten von den gesetzlichen Regelungen des Auftragsrechtes abweichende Vereinbarungen zu treffen. Diese können, im Rahmen des rechtlich Zulässigen, freilich eine Verschärfung oder eine Erleichterung beinhalten. Da es sich im Rahmen der Vorsorgevollmacht zumeist um ein unentgeltliches Tätigwerden einer Vertrauensperson handelt, finden sich neben den allgemeinen Anweisungen zur Wahrnehmung der persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten zumeist Erleichterungen hinsichtlich der aus dem Auftragsrecht erwachsenden Verpflichtungen des Bevollmächtigten und nur in seltenen Fällen zusätzliche Verschärfungen.
Rz. 54
Praxistipp
Die bei der Vorsorgevollmacht häufig anzutreffende und paradoxe Situation, dass diese eine der weitreichendsten Vollmachten ist, die eine Person in ihrem Leben erteilt, und dass diese Vollmacht zugleich auch derart ausgestaltet ist, dass der bevollmächtigten Person diverse (Haftungs-)Erleichterungen gewährt werden, ist der besonderen Situation und dem besonderen Einsatzfeld der Vorsorgevollmacht geschuldet. Zum einen wird die Vollmacht in den meisten Fällen einer Person erteilt, zu welcher ein starkes Vertrauensverhältnis besteht. Darüber hinaus ist das zentrale Ziel des Vollmachtgebers bei der Errichtung der Vorsorgevollmacht, dass dieser für den Fall seiner vorübergehenden oder dauerhaften Verhinderung durch eine Vertrauensperson und nicht durch einen gerichtlich bestellten Betreuer vertreten wird. Insoweit soll durch die diversen Erleichterungen, die dem Vollmachtnehmer zugesprochen werden, gewährleistet werden, dass dieser in eben jener Situation, in welcher der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten und somit auch seine Vertretung selbst zu besorgen, tatsächlich tätig wird. Zentrales Motiv des Vollmachtgebers ist es somit, zu gewährleisten, dass die Vertretung für den Vertreter nicht derart belastend und/oder riskant ist, dass dieser von der Wahrnehmung der Vertretung und der Ausübung der Rechte aus der Vollmacht Abstand nimmt.
Rz. 55
Besondere Bedeutung kommt hier den Rechenschafts- und Auskunftspflichten nach § 666 BGB zu, aus welchen auch die Pflicht zur Rechnungslegung abgeleitet werden kann. Die gesetzlichen Regelungen in § 666 BGB sind grundsätzlich dispositiv, sodass der Bevollmächtigende diese gänzlich ausschließen oder aber zumindest aufweichen kann. Teilweise wird indes vertreten, dass ein vollumfänglicher Ausschluss des Auskunftsanspruches nach § 666 BGB nicht zulässig sei, da der Bevollmächtigende sodann keinerlei Ansprüche mehr gegen den Bevollmächtigten hätte und somit dessen Willkür ausgesetzt sei und für den Fall des nicht nachweisbaren Vollmachtsmissbrauches mit Beweisschwierigkeiten konfrontiert wäre. Teilweise wird der vollumfängliche Ausschluss zumindest dann für zulässig erachtet, wenn er nicht in einem Formularvertrag erfolgt, sondern auf einer individualvertraglichen Vereinbarung beruht. Nach anderer Auffassung ist ein vollständiger Ausschluss zulässig. Einschränkungen können sich aber stets dann ergeben, wenn die Sittenwidrigkeit des vollständigen Ausschlusses der Auskunftsrechte aufgrund dessen anzunehmen ist, dass dem Auftragnehmer sämtliche Vermögensverwaltungsrechte übertragen wurden und der Auftraggeber zugleich keinerlei Möglichkeiten einer Kontrolle hat.
Rz. 56
Denkbar sind auch Ausgestaltungen, bei welchen zwar der Vollmachtgeber das Recht hat, die Rechenschafts- und Auskunftsansprüche selbst geltend zu machen, dieses Recht jedoch für andere Personen, insbesondere Rechtsnachfolger, ausgeschlossen ist. Das Auskunftsrecht wird insoweit als ein höchstpersönliches Recht des Vollmachtgebers ausgestaltet und erlangt somit einen mit dem Recht zum Schenkungswiderruf aus § 530 Abs. 1 BGB, welcher ebenfalls nur dem Schenker höchstpersönlich zusteht, vergleichbaren Charakter. Konkret soll das Auskunftsrecht bei dieser Form der Regelung zugunsten des Vollmachtgebers bestehen, die Erben sollen dieses Recht jedoch nach dem Tod des Vollmachtgebers nicht mehr ausüben können. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1989 erachtete der Bundesgerichtshof eine derartige Regelung ausdrücklich für zulässig.