Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 13
Die Deutsche Ärzteversicherung, Zweigniederlassung der AXA Versicherung AG, verwaltete zwischenzeitlich 186.000 Arzthaftpflichtversicherungsverträge. In den Jahren 2007 bis 2009 stellte die Deutsche Ärzteversicherung mehr als eine Verdopplung des Verlustes in der Sparte Arzthaftpflicht fest. Die Schadensaufwendungen betrugen ungefähr das Doppelte der Einnahmen. Die Schadenentwicklung wird durch Großschäden getrieben.
Rz. 14
Für den niedergelassenen Gynäkologen mit Geburtshilfe berichtet die Deutsche Ärzteversicherung einen notwendigen Tarifbeitrag von über 40.000 EUR. Mit dieser Summe wird eine Finanzierungsgrenze erreicht, welche für den betroffenen Arzt – ähnlich wie die Tariferhöhungen für Hebammen – die Berufsausübung als solche in Frage stellt.
Rz. 15
Die Deutsche Ärzteversicherung schlägt eine Quersubventionierung der Prämien durch andere Versicherungszweige nicht vor, sondern lehnt eine solche Quersubventionierung ab. Sie schlägt entweder eine Heilbehandlungsrisikoversicherung, eine Poollösung, eine Staatsbeteiligung oder eine Staatshaftung vor. Der GDV hat in den Gesprächen mit den Verbänden und Ministerien trotz Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzbarkeit eine staatliche Excedentenlösung vorgeschlagen, ferner eine Einschränkung des Regressverzichtes der Sozialleistungsträger und Sozialversicherungsträger entweder bei besonders belasteten Berufsgruppen oder für einzelne Sozialleistungsträger oder bestimmte Schadensbilder. Die politische Diskussion bleibt im Fluss.
Rz. 16
Katzenmeier hielt bereits 2011 für den Sonderfall "Geburtsschäden" eine gesetzliche Neuregelung entweder nach französischem Vorbild oder einer Heilbehandlungsrisikoversicherung oder einem Fonds für Geburtsschäden für notwendig, um das Geburtsschadenrisiko noch versicherbar zu machen. Auch die Prämienentwicklung im Bereich der Hebammenversicherung bestätigt dies. Katzenmeier sieht jedenfalls das geltende Haftpflichtsystem im Fachgebiet Gynäkologie mit Geburtshilfe als obsolet an. Aus der Praxis des Versicherungsrechts erscheint es geboten zu sein, ähnlich wie im Bereich der Anwaltshaftung erstens eine Pflichtversicherung für Ärzte einzuführen und zweitens eine summenmäßige Begrenzung der Haftung auf die Versicherungspolicesumme vorzunehmen, und zwar mit einem Befriedigungsvorrecht für den Geschädigten vor Regressträgern. Wenn die Versicherungssumme erschöpft ist, hat der Arzt dann auch nicht mehr Schadensersatz aus übergegangenem Recht an die Sozialversicherungsträger zu leisten. Dies entspricht dem Gerechtigkeitsempfinden und dem Haftungssystem, da letztlich bei umfassender Regressmöglichkeit der gesetzlichen Versorgungsträger nur eine Umverteilung von den versicherten Ärzten mit erhöhter Prämie auf die Allgemeinheit vorgenommen würde. Die Einführung der Pflichtversicherung für Vertragsärzte gem. § 95e SGB V ist zu begrüßen.
Rz. 17
Wenn die Haftpflichtversicherung als eine gesetzliche Pflichtversicherung ausgestaltet ist, ist zum einen gewährleistet, dass ein Arzt vor seiner Zulassung eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung nachweisen muss, wobei auch gewährleistet sein muss, dass, da Krankenhäuser bisher keine Pflichtversicherung haben, auch der in einem Anstellungsverhältnis stehende Arzt ausreichenden Versicherungsschutz nachweisen muss. Die ausreichende Haftpflichtversicherung in Form einer gesetzlichen Pflichtversicherung ermöglicht andererseits die Einführung notwendiger Haftungshöchstgrenzen. Auch die besondere Bedeutung von Leben und Gesundheit als grundrechtlich geschützte Rechtsgüter kann nicht zu einer zwingend unbegrenzten Haftung führen. Vielmehr ist es sachgerecht, dass die Gesellschaft in wesentlich stärkerem Maße als bisher finanzielle Ressourcen für Schwerstbehinderte und Schwerstkranke zur Verfügung stellen muss, wenn der einzelne haftungsverantwortliche Arzt nicht mehr in der Lage ist, sich hinreichend abzusichern und damit seinen Beruf sachgerecht auszuüben.
Rz. 18
Der Gesetzgeber hat zunächst speziell für die Hebammen-Haftpflichtversicherung eine Sonderregelung in § 134a Abs. 5 SGB V getroffen, und zwar dahingehend, dass ein Verzicht der Kranken- und Pflegeversicherungen auf Regressforderungen gesetzlich verankert wird. Die Regelung ist wie folgt:
"Ein Ersatzanspruch nach § 116 Abs. 1 des Zehnten Buches wegen Schäden aufgrund von Behandlungsfehlern in der Geburtshilfe kann von Kranken- und Pflegekassen gegenüber freiberuflich tätigen Hebammen nur geltend gemacht werden, wenn der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Im Fall einer gesamtschuldnerischen Haftung können Kranken- und Pflegekassen einen nach § 116 Abs. 1 des Zehnten Buches übergegangenen Ersatzanspruch im Umfang des Verursachungs- und Verschuldensanteils der nach Satz 1 begünstigten Hebamme gegenüber den übrigen Gesamtschuldnern nicht geltend machen."
Mit der weiteren Neuregelung durch das Gesundheitsversorgungsentwicklungsgesetz (GVWG) vom 11.7.2021 BGBl I, 2754 wurde in Art. 1 für den vertragsärztl...