Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 142
Der Versicherungsnehmer ist nach Ziff. 25.2 AHB, der mit § 82 VVG korreliert, verpflichtet, unter Beachtung der Weisungen des Versicherers und im Rahmen des Zumutbaren alles zur Klarstellung des Schadenfalls und zur Abwehr oder Minderung des Schadens zu tun. Die Obliegenheit des Versicherungsnehmers zur Schadenminderung ist nach den AHB 2008 auf das für den Versicherungsnehmer zumutbare Maß beschränkt. Diese Ergänzung von Ziff. 25.2 AHB geht auf das Zumutbarkeitskriterium in § 82 Abs. 2 VVG zurück. Wo allerdings die Grenzen der Zumutbarkeit zu setzen sind, wird die Rechtsanwendung zeigen. Die Anmeldung vieler Schäden erfolgt oft erst lange Zeit nach den tatsächlichen oder angeblichen Behandlungsfehlern. Dadurch wird die Klärung erschwert. Umso wichtiger ist es, dass der Arzt oder Krankenhausträger aufgrund der ärztlichen Informationen den Versicherer frühzeitig und umfassend informiert. Ebenso empfiehlt es sich, dem Versicherer möglichst frühzeitig die vollständigen Krankenunterlagen zur Verfügung zu stellen, damit dieser aufgrund sachkundiger Beratung durch den Gesellschaftsarzt oder einen beauftragten Gutachter die Berechtigung der Vorwürfe klären kann. Von den versicherten Personen sind auf Anforderung des Versicherers fachliche Stellungnahmen zu den Patientenvorwürfen abzugeben.
Rz. 143
Der Arzt ist wie der Krankenhausträger zur Mitwirkung im Prozess, zur Unterstützung des Versicherers und des von ihm eingeschalteten Anwaltes verpflichtet. Die Mitwirkung erstreckt sich insbesondere auf die fachkundige Schilderung des Behandlungsgeschehens. Das Gericht darf einen groben Behandlungsfehler nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht ohne ausreichende Grundlage in den medizinischen Darlegungen des Sachverständigen bejahen. Die Einstufung eines Behandlungsfehlers als einfach oder grob ist wegen der daran geknüpften Folgen für die Beweislastverteilung meist prozessentscheidend. Erhebt eine Partei sachlich fundierte Einwendungen gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten, so darf sich das Gericht mangels eigener medizinischer Sachkunde hierüber nicht durch eine eigene Bewertung hinwegsetzen, sondern hat auf Antrag der Partei den Sachverständigen zur ergänzenden Erläuterung seines Gutachtens zu laden.
Rz. 144
Der Versicherungsnehmer ist zur Information des Anspruchstellers berechtigt und verpflichtet. Im Rahmen der Unterstützung des Versicherers kann er dem Anspruchsteller auf dessen Wunsch die Anschrift des Haftpflichtversicherers mitteilen. Es besteht aber nach einer untergerichtlichen Entscheidung kein Auskunftsanspruch des Patienten, der die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund ärztlicher Fehlbehandlung beabsichtigt, auf Bekanntgabe der Berufshaftpflichtversicherung sowie der Versicherungsvertragsnummer gegenüber dem Arzt. Der Patient muss sich vielmehr zur Geltendmachung seiner Schadensersatzansprüche an den behandelnden Arzt bzw. Krankenhausträger selbst wenden.
Zur Schadenminderungspflicht des Versicherungsnehmers nach Ziff. 25.2 AHB gehört also die in der Praxis wichtige Pflicht des Versicherungsnehmers, dem Versicherer ausführliche und wahrheitsgemäße Schadensberichte zu erstatten und ihn bei der Schadensermittlung und -regulierung umfassend zu unterstützen.
Rz. 145
Ebenso hat der Versicherungsnehmer dem Patienten Namen und Anschriften der an der Behandlung beteiligten Personen mitzuteilen. Sind die aufklärenden Ärzte aus den Krankenunterlagen, insbesondere dem Aufklärungsbogen und dem Operationsprotokoll, ohne weiteres ersichtlich, dann ist ein Auskunftsersuchen auf namentliche Nennung der ärztlichen Mitarbeiter ausgeschlossen. Die Krankenhausleitung ist auf Anfrage zur Auskunft über den nicht immer auf den ersten Blick erkennbaren Krankenhausträger verpflichtet. Andernfalls setzt sich die Behandlerseite dem Vorwurf der verzögerten Schadenbearbeitung aus, was in jedem Fall zu einer Imageschädigung und bei berechtigten Ansprüchen zu auflaufenden Zinsen und evtl. höheren Schmerzensgeldansprüchen führt.
Rz. 146
Der Patient hat ein Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen. Fordert der Patient Einsicht in die Behandlungsunterlagen, so ist ihm gegen Kostenerstattung eine vollständige Kopie unter Einschluss aller Laborbefunde etc. zu übersenden. Zusätzlich haben der Patient oder sein Bevollmächtigter Anspruch auf Einsicht in die Original-Krankenunterlagen in der Praxis oder im Krankenhaus. Interne Stellungnahmen gegenüber dem Versicherer, die erst im Hinblick auf einen möglichen Haftungsfall verfasst wurden, gehören nicht zu den Behandlungsunterlagen und sind der Gegenseite nicht zugänglich zu machen.
Rz. 147
Im Einzelfall hat die Rechtsprechung ein Recht auf zeitweise Überlassung von Original-CT- und Kernspinaufnahmen nach Abschluss der Behandlung an den Rechtsanwalt des Patienten bejaht, da von diesen speziellen Unterlagen keine gleichwertigen Kopien angefertigt werden könnten. Die Herausgabe von Original-Röntgenaufnahmen ist in jedem F...