Rz. 111

 

Beispiel 10

Otto Normalerblasser hat von seinem Neffen, der Jura studiert, gehört, dass eine Ausstattung geeignet sei, einen Sozialhilferegress nach § 528 BGB und einen Pflichtteilsergänzungsanspruch zu vermeiden, weil eine solche Zuwendung, wenn sie nicht das den Umständen entsprechende Maß übersteige, keine Schenkung darstelle.[218] Ist damit die Ausstattung "pflichtteilsfest"?

 

Rz. 112

In den Fällen der von Anfang an bestehenden gesetzlichen Ausgleichungsverpflichtung nach § 2050 Abs. 1 und 2 BGB kann der Erblasser das Eintreten der Ausgleichungspflicht für den Fall der Erbauseinandersetzung ausschließen (vgl. dazu § 2050 Abs. 1 Hs. 2 BGB: "soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein anderes bestimmt"). Die abweichende Anordnung des Erblassers muss dabei bereits bei der Zuwendung erfolgen. Der Ausschluss der Ausgleichungsverpflichtung wirkt jedoch nicht zu Lasten der Pflichtteilsberechtigten, wie sich aus § 2316 Abs. 3 BGB ergibt.[219]

 

Rz. 113

Dies spielt eine große Rolle bei den Ausstattungen, die auch für den Fall, dass es sich nicht um Übermaßausstattungen handelt, somit automatisch zu einer Erhöhung des Pflichtteils der anderen weichenden Geschwister führen und zwar im Rahmen der Ausgleichung und – insoweit strenger als der Pflichtteilsergänzungsanspruch – ohne jede zeitliche Begrenzung. Dies kann allenfalls dadurch verhindert werden, dass der Ausstattungszweck der Zuwendung verneint wird. Denn die Ausstattung wird gekennzeichnet durch ihren Anlass und Zweck, wobei es genügt, wenn die Zuwendung neben anderen Zielen auch dem gesetzlichen Ausstattungszweck dient.[220]

 

Rz. 114

 

Bewertung

Pflichtteilsrecht: Die pflichtteilsrechtlichen Auswirkungen der Ausgleichung nach den §§ 2050 ff. BGB sollten wegen der sich daraus ergebenden Erhöhung des Pflichtteils der anderen Abkömmling tendenziell immer vermieden werden. Zudem wirkt sie beim Zuwendungsempfänger nicht so stark pflichtteilsreduzierend wie die Anrechnung (§ 2315 BGB). Daher kann es angezeigt sein, die Ausstattungsabsicht zu verneinen.

Anderes: Tritt die gesetzliche Erbfolge ein, so ist die Ausgleichung im Rahmen der Erbauseinandersetzung (§§ 2050 ff. BGB) sinnvoll, um die Berücksichtigung der Vorempfänge und eine gewisse Gleichstellung der Abkömmlinge zu gewährleisten. Daher sollte die Ausgleichungsanordnung nur für diesen Fall bedingt getroffen werden.

[218] Vgl. etwa Krauß, Beck’sches Notar-Handbuch, A V Rn 183.
[219] Entgegen dem zu engen Wortlaut von § 2316 Abs. 3 BGB erstreckt die ganz h.M. die darin enthaltene Verweisung auch auf § 2050 Abs. 1 BGB, die eine gegenüber § 2050 Abs. 2 BGB nur unselbstständige Bestimmung sei; MüKo-BGB/Lange, § 2316 Rn 7; Staudinger/Otte, § 2316 Rn 9 m.w.N.
[220] Vgl. etwa Nieder/Kössinger, Testamentsgestaltung, § 2 Rn 217 (mit eingehender Begründung); Kerscher/Riedel/Lenz, Pflichtteilsrecht, § 5 Rn 33.

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