Rz. 78
Vertritt der Anwalt seinen Auftraggeber (auch) im Verfahren über den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids, erhält er eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV. Diese Gebühr entsteht neben der Gebühr der Nr. 3305 VV für das Verfahren auf Erlass des Mahnbescheids (Anm. S. 1 zu Nr. 3308 VV); eine Kürzung der beiden Verfahrensgebühren nach § 15 Abs. 3 RVG kommt nicht in Betracht.
Rz. 79
Voraussetzung für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV ist, dass innerhalb der "Widerspruchsfrist" kein Widerspruch erhoben oder der Widerspruch gem. § 703a Abs. 2 Nr. 4 ZPO beschränkt worden ist. Gleichfalls entsteht die 0,5-Verfahrensgebühr, wenn der Antragsgegner den Widerspruch zurücknimmt und hiernach ein Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids gestellt oder wenn ein zuvor gestellter Antrag jetzt erstmals wirksam wird.
Beispiel 47: Mahnverfahren mit Vollstreckungsbescheid
Der Anwalt erwirkt für den Mandanten einen Mahnbescheid über 10.000,00 EUR und anschließend einen Vollstreckungsbescheid.
Im Mahnverfahren entsteht die Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV, im Verfahren über den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids entsteht die Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV.
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV |
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614,00 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV |
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307,00 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
941,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
178,79 EUR |
Gesamt |
|
1.119,79 EUR |
Rz. 80
Dass ein Vollstreckungsbescheid erlassen wird, ist nicht Voraussetzung für den Anfall der Verfahrensgebühr nach Nr. 3308 VV. Diese Gebühr entsteht auch dann, wenn der Anwalt des Antragstellers nach Ablauf der "Widerspruchsfrist" den Erlass eines Vollstreckungsbescheids beantragt hat, der Antragsgegner aber nach Ablauf der "Widerspruchsfrist" und vor Erlass des Vollstreckungsbescheids doch noch Widerspruch einlegt, sodass der Vollstreckungsbescheid nicht mehr ergeht.
Beispiel 48: Vollstreckungsbescheid wird wegen verspäteten Einspruchs nicht mehr erlassen
Der Anwalt erwirkt für den Mandanten einen Mahnbescheid über 10.000,00 EUR. Nach Ablauf der zwei Wochen beantragt er den Erlass eines Vollstreckungsbescheids. Dieser wird nicht mehr erlassen, da vor dem Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids noch ein verspäteter – gleichwohl aber zu beachtender – Widerspruch des Antragsgegners eingeht.
Die Gebühr nach Nr. 3308 VV entsteht mit Antragstellung nach Ablauf von der "Widerspruchsfrist" von zwei Wochen, sofern noch kein Widerspruch eingelegt worden ist. Wird der Widerspruch später doch noch eingelegt, kann die bereits mit Antrag entstandene Verfahrensgebühr für den Vollstreckungsbescheid nicht mehr nachträglich entfallen (§ 15 Abs. 4 RVG).
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV |
|
614,00 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
|
2. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV |
|
307,00 EUR |
|
(Wert: 10.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
941,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
178,79 EUR |
Gesamt |
|
1.119,79 EUR |
Rz. 81
Wird der Anwalt für mehrere Auftraggeber tätig, erhöht sich nur die Mahnverfahrensgebühr der Nr. 3305 VV, nicht aber auch die Verfahrensgebühr der Nr. 3308 VV (Anm. S. 2 zu Nr. 3308 VV).
Beispiel 49: Vollstreckungsbescheid, mehrere Auftraggeber
Der Anwalt beantragt für zwei Gesamtgläubiger den Erlass eines Mahnbescheids über 7.500,00 EUR und stellt anschließend den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids.
Die Mahnverfahrensgebühr der Nr. 3305 VV erhöht sich nach Nr. 1008 VV, nicht aber auch die Gebühr für den Vollstreckungsbescheid nach Nr. 3308 VV, da die Erhöhung der Gebühr der Nr. 3308 VV nach Anm. S. 2 zu Nr. 3308 VV ausgeschlossen ist, wenn sich bereits die Gebühr nach Nr. 3305 VV erhöht hat.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3308, 1008 VV |
|
652,60 EUR |
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(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
2. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV |
|
251,00 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
923,60 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
175,48 EUR |
Gesamt |
|
1.099,08 EUR |
Rz. 82
Abgesehen von dem Anwendungsfall, dass der Anwalt erstmals mit dem Erlass des Vollstreckungsbescheids beauftragt wird, also die Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV nicht verdient hat (siehe Rdn 87), kann ein Fall der Nr. 1008 VV auftreten, wenn die Erhöhung erst nach Erlass des Mahnbescheids eintritt, etwa wenn der Antragsteller nach Beendigung des Mahnverfahrens verstirbt und von einer Erbengemeinschaft beerbt wird.
Beispiel 50: Mahnverfahren, ein Auftraggeber, Vollstreckungsbescheid, mehrere Auftraggeber
Der Anwalt beantragt für seinen Auftraggeber den Erlass eines Mahnbescheids über 7.500,00 EUR. Nach Erlass des Mahnbescheids und Ablauf der "Widerspruchsfrist" verstirbt der Mandant. Er wird von seiner Ehefrau und seinen drei Kindern beerbt, die den Anwalt beauftragen, den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids zu stellen.
Die Mahnverfahrensgebühr der Nr. 3305 VV ...