Rz. 15

Das HGB enthält keine Definition der stillen Gesellschaft, beschreibt sie aber in § 230 HGB wie folgt:

Zitat

"Wer sich als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht."

§ 231 Abs. 2 HGB erweitert dies um das Erfordernis einer Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters. Eine stille Gesellschaft hat somit folgende Wesensmerkmale:

Das Vorhandensein eines Geschäftsinhabers und eines stillen Gesellschafters,
die Beteiligung mit einer in das Vermögen des Geschäftsinhabers zu leistenden Einlage,
die Förderung eines gemeinsamen Zwecks und
die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters.
 

Rz. 16

Geschäftsinhaber kann jede natürliche oder juristische Person sein, die ein Handelsgewerbe betreibt, also Kaufmann i.S.d. §§ 16 HGB ist (vgl. unten Rdn 65 f.), bspw. ein Einzelkaufmann, auch als Minderkaufmann oder Scheinkaufmann, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft.

 

Rz. 17

Stiller Gesellschafter kann auch jede natürliche oder juristische Person und jede (teil-)rechtsfähige Personengesellschaft (einschließlich der GbR) sein (vgl. u. Rdn 75 ff.). Kaufmannseigenschaft ist nicht Voraussetzung und wird auch durch die stille Gesellschaft nicht erlangt.[7]

 

Rz. 18

Der stille Gesellschafter muss sich zur Leistung einer Vermögenseinlage verpflichten.[8] Vermögenseinlage kann jede vermögenswerte Leistung sein, die in Geld bewertbar und übertragbar ist.

 

Beispiele

Zahlung von Geld, Abtretung einer Darlehensforderung, Einräumung eines Kredits zu günstigen Bedingungen, Übertragung von beweglichen oder unbeweglichen, materiellen oder immateriellen verkehrsfähigen Gegenständen oder eine vermögenswerte Verpflichtung zur Unterlassung bestimmter Handlungen oder Erbringung von Dienstleistungen.[9]

 

Rz. 19

Voraussetzung ist dabei stets, dass die Vermögenseinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers, d.h. in das Handelsgeschäft geleistet wird; Leistung in ein Gesellschaftsvermögen der stillen Gesellschaft ist definitionsgemäß nicht möglich.

 

Rz. 20

Geschäftsinhaber und stiller Gesellschafter müssen sich zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks verpflichten. Seitens des stillen Gesellschafters wird dies grds. durch Leistung der Vermögenseinlage erfüllt, seitens des Geschäftsinhabers durch Förderung seines Handelsgeschäfts (nun allerdings nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse des stillen Gesellschafters).

 

Rz. 21

Letztes Wesensmerkmal ist schließlich die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn (und ggf. auch Verlust) des Handelsgeschäfts. Während nach § 231 Abs. 2 HGB eine Verlustbeteiligung, bspw. durch Garantie eines Mindestgewinns, ausgeschlossen werden kann, ist der vollständige Ausschluss einer Gewinnbeteiligung stets unzulässig. Am Vermögen des Handelsgeschäfts ist der stille Gesellschafter dagegen typischerweise nicht beteiligt.[10]

[7] Heymann/Horn, HGB, § 230 Rn 7.
[8] Zur Unterscheidung zwischen Beitragspflicht und Einlage vgl. MünchHdbGesR II/Keul, § 72 Rn 12 f.; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 230 Rn 144 ff. m.w.N.
[9] Heymann/Horn, HGB, § 230 Rn 9; Hopt/Roth, HGB, § 230 Rn 20; RGZ 142, 13, 21; BGH, BB 1966, 53; BGHZ 7, 174, 181.
[10] Eine solche Beteiligung am Vermögen des Handelsgeschäfts kann aber – rein schuldrechtlich und ohne dingliche Wirkung – als sog. atypische stille Gesellschaft ohne Weiteres vereinbart werden; vgl. ausführlich: Hopt/Roth, HGB, § 230 Rn 3.

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