Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 376
Die Treuhand an Gesellschaftsanteilen ist eine besondere Form der mittelbaren Unternehmensbeteiligung, die ihre Grundlage im allgemeinen Recht der Treuhand hat. Aufgrund der über das allgemeine Treuhandrecht hinausgehenden spezifischen (gesellschaftsrechtlichen) Besonderheiten sowie der zahlreichen Varianten der Treuhand ist eine allgemeine Definition nicht möglich. Übereinstimmendes Merkmal aller Treuhanddefinitionen ist jedoch, dass einem "Treuhänder" von einem "Treugeber" die Rechtsmacht eingeräumt wird, über eine vermögenswerte Position, das "Treugut", im Außenverhältnis zu verfügen, wobei diese Verfügungsmacht des Treuhänders im Innenverhältnis ggü. dem Treugeber durch den Treuhandvertrag begrenzt ist.
Rz. 377
Abhängig von der rechtlichen Ausgestaltung kann zwischen der fiduziarischen Vollrechtstreuhand, der Ermächtigungstreuhand und der Vollmachtstreuhand unterschieden werden. Bei den beiden letzten Varianten erwirbt der Treuhänder keine Vollrechtsstellung (d.h. er wird nicht Gesellschafter). Der Treuhänder wird vom Treugeber nur mit treuhänderischer Verfügungsbefugnis in Bezug auf das Treugut ausgestattet, die bei der Ermächtigungstreuhand im eigenen Namen, bei der Vollmachtstreuhand (unechte Treuhand) im fremden Namen ausgeübt wird. Bei der fiduziarischen Treuhand (echte Treuhand) erlangt der Treuhänder dagegen eine echte Gesellschafterstellung.
Rz. 378
Diese echte Treuhand an Gesellschaftsanteilen wird folgendermaßen definiert: Eine fiduziarische Vollrechtstreuhand an einer Beteiligung liegt vor, wenn ein Gesellschafter (Treuhänder) Inhaber der Beteiligung für Rechnung eines anderen (Treugeber) ist, sodass er die Rechte aus der Beteiligung nur nach Maßgabe eines mit dem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrages ausüben darf.
Rz. 379
Bei der fiduziarischen Vollrechtstreuhand besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der umfassenden Verfügungsmacht des Treuhänders im Außenverhältnis und den schuldrechtlichen Beschränkungen dieser Verfügungsmacht im Innenverhältnis. Das Treugut wird zwar dinglich dem Treuhänder zugeordnet, wirtschaftlich aber dem Treugeber, der dadurch mittelbar an der Gesellschaft teilhat.
Rz. 380
Rechtstechnisch ist zwischen der Treuhand an einer Beteiligung, der Treuhand am Unternehmen und der Treuhand am Gesellschaftsvermögen zu unterscheiden.
Rz. 381
Gegenstand der Treuhand an einer Gesellschaftsbeteiligung können grds. alle Gesellschaftsanteile, einschließlich solcher an einer Außen- oder Innen-GbR sein. Voraussetzung bei Letzterer ist, dass die Mitgliedschaft in der Innengesellschaft übertragbar ausgestaltet ist. Ebenso ist die Treuhand an einer atypischen stillen Gesellschaft oder einer atypischen Unterbeteiligung zulässig.
Rz. 382
Die Treuhand an Gesellschaftsanteilen kann als offene oder verdeckte Treuhand ausgestaltet sein. Bei der offenen Treuhand wird das Treuhandverhältnis ggü. den Mitgesellschaftern offengelegt und regelmäßig auch von diesen gebilligt. Dagegen wird das Treuhandverhältnis ggü. den Mitgesellschaftern bei der verdeckten Treuhand geheim gehalten. Dabei ist zu beachten, dass die verdeckte Treuhand ggü. den Mitgesellschaftern u.U. eine Pflichtverletzung darstellt und der Treuhänder zur Auskunft über die Person des Treugebers verpflichtet sein kann. Darüber hinaus können Treuhänder und Treugeber bei Beteiligungen an Aktiengesellschaften wegen §§ 20 ff. AktG und §§ 21 ff. WpHG zur Offenlegung verpflichtet sein.
Rz. 383
Wesensmerkmal des Treuhandverhältnisses ist stets das Auseinanderfallen zwischen äußerer und innerer Rechtszuständigkeit. Dementsprechend hat auch die Begründung des Treuhandverhältnisses zwei Seiten, nämlich einerseits den Erwerb der Gesellschafterstellung mit vollumfänglicher Verfügungsbefugnis nach außen und andererseits den Treuhandvertrag zur Regelung des Innenverhältnisses zwischen Treuhänder und Treugeber.