Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 667
Für die Besteuerung der laufenden Geschäftstätigkeit einer gemeinnützigen Stiftung kommt es auf die Abgrenzung der Sphären Vermögensverwaltung und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb an. Die Vermögensverwaltung ist als Kernbereich der Einkommenserzielung einer steuerbegünstigten Stiftung anzusehen. Darunter fällt insb. die Anlage des Stiftungsvermögens (vgl. § 14 Satz 3 AO). Als Mindestinhalt der Steuerbegünstigung soll die Stiftung im Rahmen der Steuerfreiheit jedenfalls ihre Mittel anlegen können. Auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zählen im Regelfall zur steuerfreien Vermögensverwaltung. Nicht nur Dividenden, sondern auch die Veräußerungsgewinne bleiben grds. steuerfrei. Steuerpflichtig sind jedoch die Gewinne aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (vgl. § 5 Nr. 9 Satz 2 KStG).
Hinweis
Eine gemeinnützige Stiftung verliert nach Auffassung der Finanzverwaltung die Steuerbefreiung insgesamt, wenn sie mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit bei einer Gesamtbetrachtung einen nicht steuerbefreiten Nebenzweck erfüllt.
Daneben kann bei vorrangiger Verfolgung von Unternehmensinteressen das Gebot der Selbstlosigkeit berührt sein.
Rz. 668
Die Grenze zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb überschreitet eine gemeinnützige Stiftung als Inhaberin einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft dann, wenn mit der Beteiligung tatsächlich ein entscheidender Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausgeübt wird (vgl. AEAO Nr. 3 Satz 5 zu § 64 Abs. 1 AO). In diesen Fällen nimmt die steuerbegünstigte Stiftung nämlich über die Kapitalgesellschaft selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Geschäftsverkehr teil.
Rz. 669
Eine wesentliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung ist gegeben, wenn die gemeinnützige Stiftung über ihre Organe aktiv in die Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft eingreift. Allerdings ist bspw. bei einer GmbH-Beteiligung die Wahrnehmung der Zuständigkeiten eines Gesellschafters steuerunschädlich, solange sie dem gesetzlichen Leitbild entspricht, wie es in § 46 GmbHG niedergelegt ist. Die dort der Gesellschafterversammlung zugewiesenen Maßnahmen gehören nicht zur laufenden Geschäftsführung.
Rz. 670
Vielmehr müssen die Gesellschafter Kompetenzen an sich ziehen, die ursprünglich dem Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft zustehen. Sind die Geschäftsführungsorgane der gemeinnützigen Körperschaft und der Beteiligungsgesellschaft identisch, so besteht eine Vermutung für das Vorliegen der tatsächlichen entscheidenden Einflussnahme. Diese Vermutung kann kaum widerlegt werden, da das Organmitglied als Geschäftsführer oder Vorstand der Beteiligungsgesellschaft verpflichtet ist, das gewerbliche Interesse der Gesellschaft wahrzunehmen und die laufende Geschäftsführung selbst – also mehr als nur den Einfluss darauf – auszuüben.
Rz. 671
Besteht keine Personalunion der Organe des gemeinnützigen Trägers und der steuerpflichtigen Tochtergesellschaft, so liegt eine maßgebliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung dann vor, wenn die gemeinnützige Körperschaft in Ausübung ihres Weisungsrechts in ursprüngliche Geschäftsführerrechte eingreift und nicht nur ursprüngliche Gesellschafterrechte ausübt. In diesem Sinne gelten folgende Grundsätze:
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Die Einflussnahme auf die laufende Geschäftsführung muss tatsächlich ausgeübt worden sein, allein die satzungsmäßige Möglichkeit einer solchen Einflussnahme ist nicht maßgeblich. |
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Nicht jeder Einfluss auf die laufende Geschäftsführung begründet einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Ein maßgebliches Einwirken setzt vielmehr voraus, dass sich der Gesellschafter mit direkten Weisungen über die gesetzlich vorgesehene Kompetenz der Geschäftsführung hinweg geschäftsführend betätigt und die eigene Entscheidung an die Stelle der Entscheidung des Geschäftsführers setzt. |
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Nur die Einflussnahme auf die laufende Geschäftsführung, also auf die Tagesgeschäfte, führt zur Teilnahme am wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dagegen ist die Einflussnahme auf grds. Strukturen der Geschäftsführung steuerunschädlich möglich. |
Rz. 672
Eine Einflussnahme auf die laufende Geschäftsführung soll angesichts des damit verbundenen subtilen Drucks zudem bereits dann vorliegen, wenn der Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft nicht langfristig bestellt ist. Ein Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Gesellschafter für die Durchführung außerordentlicher Maßnahmen in der beherrschten Gesellschaft dürfte hingegen unschädlich sein.
Hinweis
Bei einer Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer Kapitalgesellschaft ist darauf zu achten, dass der Vorstand der Stiftung nicht zugleich Geschäftsführer (bzw. Vorstand) der GmbH (bzw. AG) ist. Eine derartige Personalunion qualifiziert die Beteiligung regelmäßig zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Eine teilweise Personenidentität dürfte unschädlich sein.