Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
a) Verfügungsbefugnis des Treuhänders
Rz. 435
Dem Treuhänder steht als Gesellschafter das Recht zu, im eigenen Namen über den Gesellschaftsanteil zu verfügen und diesen insb. zu übertragen, zu belasten oder durch Ausscheiden aus der Gesellschaft aufzugeben. Diese Verfügungsbefugnis wird durch den Treuhandvertrag lediglich schuldrechtlich beschränkt, sodass von einer überschießenden Rechtsmacht des Treuhänders im Außenverhältnis gesprochen werden kann.
Hinweis
Für den Treugeber stellt diese überschießende Rechtsmacht des Treuhänders ein Risiko dar, das bei Auswahl des Treuhänders und Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses stets zu berücksichtigen ist.
b) Schutz des Treugebers vor missbräuchlichen Verfügungen des Treuhänders
Rz. 436
Die unbeschränkte Verfügungsmacht des Treuhänders schließt einen umfassenden Schutz des Treugebers vor missbräuchlichen Verfügungen des Treuhänders weitgehend aus. Zwar können dem Treuhänder Verfügungen über den Gesellschaftsanteil vertraglich verboten werden, derartige Vereinbarungen wirken aber nach § 137 BGB nur schuldrechtlich, d.h. im Innenverhältnis, und führen bei Verstoß nicht zu Unwirksamkeit der Verfügung, sondern lediglich zu Schadensersatzansprüchen des Treugebers. Im Außenverhältnis ist der Treugeber gegen bewusst treuwidrige Verfügungen des Treuhänders nur nach Maßgabe der §§ 134, 138, 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB sowie bei kollusivem Zusammenwirken geschützt.
Rz. 437
Mittlerweile wohl anerkannt ist die entsprechende Anwendung der Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht auf treuwidrige Verfügungen eines Treuhänders. Der Treugeber kann einem dritten Erwerber ggü. die Unwirksamkeit einer Verfügung entgegenhalten, wenn der Missbrauch der Treuhänderstellung durch massive Verdachtsmomente evident ist.
Rz. 438
Missbräuchliche Verfügungen des Treuhänders über den Gesellschaftsanteil lassen die Wirksamkeit des Treuhandvertrages grds. unberührt. Mit der missbräuchlichen Verfügung erlöschen aber alle Treugeberrechte am Gesellschaftsanteil. Die Verfügung kann auch nicht als bloße Übertragung der Treuhandstellung ausgelegt werden, da für den Übergang der Treuhänderpflichten eine entsprechende Übernahme durch den Erwerber erforderlich ist.
Hinweis
In der Vertragsgestaltungspraxis finden sich verschiedene Gestaltungen, die den Schutz des Treugebers vor missbräuchlichen Verfügungen verbessern sollen. Bspw. wird dem Treugeber eine Erwerbsvollmacht erteilt oder ein unwiderrufliches Angebot zum Abschluss eines Rückübertragungsvertrages gemacht. Der Treugeber kann der Veräußerung des Gesellschaftsanteils dann durch rechtzeitige Rückübertragung zuvorkommen. Bei offengelegter Treuhand kann die Veräußerung des Gesellschaftsanteils auch an die Zustimmung des Treugebers gebunden werden (Sperrstimmrecht des Treugebers). Den weitestgehenden Schutz vor treuwidrigen Verfügungen bietet eine Rückfallklausel, wonach der Anteil bei treuwidrigen Verfügungen an den Treugeber zurückfällt. Dabei tritt der Treuhänder dem Treugeber bereits mit Abschluss des Treuhandvertrages den Gesellschaftsanteil aufschiebend bedingt ab.