Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 556
Zu beachten ist im Personengesellschaftsrecht der Grundsatz der Selbstorganschaft. Die Leitung der Geschäfte in einem Familienpool in Form einer GbR oder KG obliegt daher grds. Gesellschaftern der Poolgesellschaft, also Familienmitgliedern. Wird von den gesetzlichen Regelungen nicht im Gesellschaftsvertrag abgewichen, gelten bei der GbR gemeinschaftliche Geschäftsführungsbefugnis (§ 715 Abs. 1 und Abs. 3 BGB) und im Zweifel auch gemeinschaftliche Vertretungsbefugnis (§ 720 Abs. 1 BGB). Bei der KG sind Kommanditisten grds. von der Geschäftsführung ausgeschlossen (§ 164 Satz 1 Halbs. 1 HGB). Diese obliegt im Grundsatz allein den Komplementären, denen im Außenverhältnis (anders als in Bezug auf die Geschäftsführung) unentziehbar die Vertretungsbefugnis zusteht (§§ 161 Abs. 1, Abs. 2 HGB i.V.m. 125 Abs. 1 HGB).
Rz. 557
Da die Geschäftsführung regelmäßig Familienmitgliedern obliegt, ist zu beachten, dass diese möglicherweise in Bezug auf die Hauptgesellschaft auch eigene Interessen verfolgen werden. Vor diesem Hintergrund kommt in Betracht, die Geschäftsführung und Vertretung in einer GbR mehreren Personen gemeinschaftlich zu übertragen (vgl. hierzu ausf. § 9 Rdn 225 ff. und § 9 Rdn 249 ff.). Auch bei einer KG ist die Anordnung einer Gesamtgeschäftsführung (§ 116 Abs. 4 HGB) bzw. Gesamtvertretung (§§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 2 HGB) möglich (vgl. hierzu ausf. § 9 Rdn 694 ff.). Es kann überdies einem oder mehreren Kommanditisten im Innenverhältnis Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden; im Außenverhältnis können diese die Gesellschaft (ggf. gemeinschaftlich) auf der Grundlage einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht oder einer Prokura vertreten.
Rz. 558
Eine effektive Kontrolle der Geschäftsführer wird regelmäßig dadurch gesichert, dass in den Gesellschaftsvertrag ein Katalog wesentlicher Geschäfte aufgenommen wird, deren Ausführung der Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung bedarf (vgl. hierzu § 9 Rdn 699). Überdies kann der Gesellschaftsvertrag die Einrichtung eines Beirats mit Zustimmungs- und Kontrollrechten vorsehen. Diesem Gremium können auch Nichtgesellschafter angehören.
Rz. 559
Bei der GmbH & Co. KG führt grds. die GmbH die Geschäfte (vertreten durch ihren Geschäftsführer). Von der Vertretung kann die GmbH nicht ausgeschlossen werden. Dem GmbH-Geschäftsführer ggü. ist nur die Gesellschafterversammlung der GmbH weisungsbefugt. Um die Einflussnahmemöglichkeit der Familienmitglieder, die an der GmbH & Co. KG im Regelfall als Kommanditisten beteiligt sind, auf die Belange der GmbH zu sichern, können diese z.B. beteiligungsidentisch Gesellschafter der GmbH werden, oder es wird die Struktur einer "Einheitsgesellschaft" (vgl. oben Rdn 548) gewählt. Gerade bei der GmbH & Co. KG empfiehlt es sich aus ertragsteuerlichen Gründen allerdings, (auch) einem oder mehreren natürlichen Personen die Geschäftsführungsbefugnis einzuräumen, um aus steuerlicher Sicht eine "gewerbliche Prägung" der KG (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) zu vermeiden. Dies kann durch Einräumung der Geschäftsführungsbefugnis an einen Kommanditisten vermieden werden, oder eine natürliche Person nimmt neben der GmbH die Stellung eines Komplementärs ein. Durch letztere Gestaltung lassen sich überdies die handelsregisterlichen Publizitätspflichten vermeiden (vgl. oben Rdn 554).
Rz. 560
Insb. im Zusammenhang mit der Übertragung von Anteilen an Familien-Holding-Gesellschaften im Wege der vorweggenommenen Erbfolge besteht ferner häufig ein Interesse des Übertragenden, sich eine Einflussnahmemöglichkeit auf die Geschäftsführung zu erhalten. Für diesen Fall sind insb. die Einräumung eines Sonderrechts auf Ausübung der Geschäftsführung in der Komplementär-GmbH sowie die Gewährung eines erhöhten Stimmrechts in dieser Gesellschaft denkbar (vgl. hierzu § 10 Rdn 325). Möglich ist auch die Vereinbarung von Mehrstimmrechten im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft.