Rz. 176

Nach § 234 Abs. 1 HGB i.V.m. § 132 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 HGB kann eine stille Gesellschaft, unabhängig davon, ob sie auf unbestimmte oder bestimmte Zeit eingegangen ist, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Einhaltung einer Frist außerordentlich gekündigt werden. Dies gilt bereits vor Invollzugsetzung der Gesellschaft.[229] Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann im Gesellschaftsvertrag wegen § 132 Abs. 6 HGB nicht ausgeschlossen werden, ebenso ist eine unangemessene Erschwerung dieses Rechts[230] unzulässig.

 

Rz. 177

Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn die Fortsetzung der stillen Gesellschaft dem kündigenden Gesellschafter unter Berücksichtigung der Interessen der Mitgesellschafter unzumutbar geworden ist. Dies ist in einer Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen.[231] In jedem Fall ist die fristlose Kündigung aber stets ultima ratio, die durch ein milderes, aber gleich wirksames Mittel verdrängt wird.

 

Rz. 178

Das Vorliegen eines wichtigen Grundes hat der Kündigende zu beweisen. Was ein wichtiger Grund ist, kann bspw. im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. In Lit. und Rspr. werden darüber hinaus eine Vielzahl weiterer Einzelfälle angeführt.[232]

 

Beispiele

Störung des Vertrauensverhältnisses,
Verletzung oder Unmöglichkeit einer Beitragspflicht,
Verletzung von wesentlichen Geschäftsführungspflichten,
wesentliche Änderung der Grundlagen oder der Rechtsform des Unternehmens,
missbräuchliche oder zweckfremde Verwendung der Vermögenseinlage,
dauernde Unrentabilität oder Einstellung des Geschäftsbetriebs.
 

Rz. 179

Ist ein wichtiger Grund nicht gegeben, kann eine unwirksame außerordentliche Kündigung regelmäßig nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn der Wille des Kündigenden dies zulässt.[233]

 

Rz. 180

Wie eine ordentliche Kündigung kann auch eine außerordentliche Kündigung zur Unzeit erfolgen. Auch hier ist die Kündigung, anders als eine rechtsmissbräuchliche Kündigung, nicht unwirksam, sondern führt ggf. zu Schadensersatzansprüchen des anderen Gesellschafters (§ 132 Abs. 5 Satz 2 HGB).[234]

[229] BGH, WM 1995, 1277.
[230] Vgl. LG Chemnitz, NZG 1999, 1220, 1221; Hopt/Roth, HGB, § 234 Rn 9; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 234 Rn 50; Heymann/Horn, HGB, § 234 Rn 8.
[231] BGHZ 84, 379, 383; BB 1977, 87, 88.
[232] Ausführlich: Blaurock, Handbuch der stillen Gesellschaft, Rn 14.32; MünchHdbGesR II/Polzer, § 91 Rn 11; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 234 Rn 49.
[233] BGH, ZIP 1998, 509; Hopt/Roth, HGB, § 234 Rn 9.
[234] Vgl. Heymann/Horn, HGB, § 234 Rn 8 m.w.N.; BeckOGK/Michel, HGB 2024, § 132 Rn 39 f.

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