Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 616
Die rechtsfähige Stiftung i.S.d. §§ 80 ff. BGB erlaubt es dem Stifter, eine Rechtsperson zu schaffen, die mithilfe eines Vermögens auf Dauer einen bestimmten, vom Stifter vorgegebenen Zweck verfolgt. Kennzeichnend sind die Bindung an den Stifterwillen im Zeitpunkt der Errichtung, die Unabhängigkeit von Eigentümern, Mitgliedern oder Gesellschaftern sowie die staatliche Aufsicht. Der Stifter hat bei der Gestaltung von Stiftungszweck und Organisation großen Spielraum. Nach erfolgter Anerkennung hingegen geht die dauerhafte und staatlich garantierte Festlegung auf den Stiftungszweck mit geringer Flexibilität einher. Aus diesem Grund erfordert die Satzungsgestaltung vor der Errichtung Sorgfalt, Weitblick und ein Bewusstsein dafür, dass die Zukunft nur begrenzt antizipiert werden kann.
1. Stiftungszweck
Rz. 617
Der Stiftungszweck ist das zentrale Element des Stiftungsbegriffs. Er definiert maßgeblich, was mit den Mitteln der Stiftung getan werden soll und darf. Die Stiftung existiert nur um der Zweckerfüllung willen und nicht um Willen des Selbsterhalts. So sind die Organe der Stiftung auch nicht zu autonomer Willensbildung, sondern allein zur Erfüllung des Stiftungszwecks berufen. Eine nachträgliche Zweckänderung ist daher auch nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen mit Genehmigung durch die zuständige Stiftungsbehörde möglich (vgl. § 85 Abs. 1, Abs. 2, § 85a BGB).
Die Vorschriften über die staatliche Stiftungsaufsicht haben das Ziel, den Stiftungszweck notfalls gegen die Organe der Stiftung, ja selbst gegen den Stifter zu verteidigen, falls er sich nach der Anerkennung der Stiftung anders entscheiden und in diesem Sinne Einfluss auf die Stiftung nehmen sollte. Denn der Stifter steht nach Anerkennung der Stiftung dieser wie ein Dritter gegenüber, soweit er sich nicht selbst zu einem Organmitglied berufen hat. Deshalb sollte der Stiftungszweck so bestimmt wie möglich formuliert werden.
Rz. 618
Eine Stiftung kann zu jedem Zweck errichtet werden, "es sei denn, die Stiftung würde das Gemeinwohl gefährden" (vgl. § 82 Satz 1 BGB). Der Gesetzgeber bekennt sich mit dieser Formulierung zu dem in Rspr. und Lit. entwickelten Leitbild der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung. Sämtliche Stiftungstypen sind von Gesetzes wegen erlaubt, solange sie im Einklang mit dem Gemeinwohl stehen.
Hinweis
Wenngleich Unternehmensstiftungen eine wichtige Anwendungsform der Stiftung sind, weist der Begriff "Unternehmensstiftung" lediglich auf die Anlage von Vermögen der Stiftung in einem Unternehmen und die Herkunft von Mitteln aus einem Unternehmen hin. Von ihrer Zweckbestimmung her kann die Unternehmensstiftung Familienstiftung (s. dazu Rdn 621 f.) oder gemeinnützige Stiftung (s. dazu Rdn 623) oder eine Kombination aus beiden (sog. Doppelstiftung [s. dazu Rdn 651 ff.]) sein.
Rz. 619
Der Stiftungszweck muss auf (gewisse) Dauer angelegt sein. Dauerhaftigkeit bedeutet jedoch nicht Ewigkeit. Auch die Verbrauchsstiftung (§ 80 Abs. 1 Satz 2 BGB) ist zivilrechtlich zulässig sowie zweckbefristete Stiftungen, deren Zweck endlich ist. Der Zweck der Stiftung darf sich nur nicht in der einmaligen Verwendung von Vermögen erschöpfen.
Rz. 620
Die Stiftung kann mehrere Zwecke haben, die auch nicht in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen müssen. Der Stifter kann außerdem vorsehen, unter welchen Voraussetzungen und/oder in welcher Reihenfolge die Stiftungszwecke verwirklicht werden sollen, etwa nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel.
Rz. 621
Verschiedene Zwecke sind insb. für die Familienstiftung denkbar. Bspw. kann die Familienstiftung auf eine Förderung und Unterstützung von Familienangehörigen ausgerichtet sein und daneben unternehmensnahe Zwecke verfolgen. Ist die Stiftung neben einer Familienbegünstigung auf die Fortführung eines Unternehmens als Familienunternehmen ausgerichtet, stellt sich die Frage nach einem nicht zulässigen Selbstzweck. Dem Stifter steht es im Rahmen der Gestaltung der Satzung einer Familienstiftung frei, den Begriff "Familienangehöriger" in seinem vollen Umfang oder unter Einschränkungen zu verwenden.
Hinweis
Für den Fall, dass die Stiftungserträge den Bedarf zur Erfüllung der familienbezogenen Zwecke überschreiten oder eine spätere Umwidmung in eine steuerbefreite Stiftung beabsichtigt wird, empfiehlt es sich, weitere Zwecke (bspw. gemeinnützige) zumindest subsidiär in die Satzung aufzunehmen. Um später den Spendenabzug für die Stiftung nicht bereits aufgrund der Satzungsgestaltung auszuschließen, sollte der Vorstand allerdings einen Ermessensspielraum haben, ob er Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften tätigt und ggf. in welcher Höhe.
Rz. 622
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Muster 11.22: Satzung einer Familienstiftung
§ _________________________ Stiftungszweck
(1) Zweck der Stiftung ist
a) |
die Förderung der Aus- und Weiterbildung der Abkömmlinge des Stifters, |
b) |
die ang... |