Rz. 176

Zwischen Kauf und Rücktritt hat der Käufer häufig bereits Geld in den Pkw investiert und ihn genutzt; überdies war der Vertragsabschluss selbst mit Kosten verbunden und es ist durch die Zahlung des Kaufpreises ein Zinsschaden entstanden. Hieraus können sich Ausgleichsverpflichtungen ergeben:

a) Verwendungsersatz

 

Rz. 177

Gemäß § 347 Abs. 2 BGB sind dem Käufer die notwendigen Verwendungen (§ 994 BGB) zu ersetzen. Andere Aufwendungen sind ihm zu ersetzen, soweit der Verkäufer durch diese bereichert wird.

 

Rz. 178

Notwendige Verwendungen sind nur solche Aufwendungen, die der Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung der Sache dienen.[494] Zu den notwendigen Verwendungen zählt die Rechtsprechung insbesondere:

 

Rz. 179

alle Reparaturen, die für die Funktionstüchtigkeit und die Verkehrssicherheit notwendig sind, wie den Einbau einer neuen Batterie,[495]
Austauschmotor und Austauschgetriebe,[496]
eine Hinterachsenreparatur,[497]
Kosten für neue Reifen,[498] auch Winterreifen,[499]
Zulassungskosten,[500]
Wartungs- und Inspektionskosten,[501]
Standgeldkosten.[502]

Die Generalüberholung eines verkommenen Pkws ist keine notwendige Verwendung.[503]

 

Rz. 180

Diese Verwendungen sind unabhängig davon zu ersetzen, ob sie zu einer Werterhöhung des Fahrzeugs geführt haben.

 

Rz. 181

Sonstige Aufwendungen sind nur zu ersetzen, soweit der Verkäufer durch diese bereichert wird (§ 348 Abs. 2 S. 2 BGB). Als solche wurden von der Rechtsprechung beispielsweise anerkannt:

ein Autoradio,[504]
eine Anhängerkupplung,[505]
eine Korrosionsschutzbehandlung,[506]
sonstige Instandsetzungsarbeiten und Kundendienstleistungen,[507]
Aufwendungen für Fahrzeugtuning.[508]
 

Rz. 182

Der Anspruch geht insoweit jedoch nicht auf Kostenerstattung, sondern auf Erstattung des Mehrwertes.[509]

[494] BGHZ 87, 104, 106.
[495] OLG Oldenburg DAR 1993, 467.
[496] OLG Nürnberg DAR 1978, 324; a.A. BGH DB 1961, 1449.
[497] OLG Nürnberg DAR 1978, 324.
[498] OLG Brandenburg OLGR 1995, 89; OLG Oldenburg DAR 1993, 467.
[499] LG Hamburg SP 2013, 32.
[500] LG Traunstein zfs 1999, 290.
[501] BGH NJW-RR 1991, 1011.
[502] OLG Schleswig OLGR 1996, 339.
[503] OLG Celle NJW-RR 1995, 1527.
[504] OLG Nürnberg DAR 1978, 324.
[505] OLG Köln DAR 1986, 320.
[506] OLG Nürnberg DAR 1978, 324.
[507] OLG Celle OLGR 1995, 86; LG Traunstein zfs 1999, 290.
[508] OLG Koblenz DAR 2012, 214.
[509] Henssler/Graf von Westphalen/Muthers, § 347 Rn 4.

b) Vertragskostenersatz

 

Rz. 183

Vertragskosten, wie z.B. Anmelde- und Zulassungskosten, kann der Käufer aufgrund der Rücktrittsbestimmungen der §§ 346 ff. BGB nicht verlangen. Der Gesetzgeber hat § 347 Abs. 2 S. 2 BGB ausdrücklich als abschließend verstanden.[510] Auch Rechtsanwaltskosten für die Durchsetzung des Rücktritts sind nur zu erstatten, wenn die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs (§§ 280, 286 BGB) vorliegen (vgl. Rdn 215 ff.), was i.d.R. bei vorausgegangenen, fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen der Fall ist, bei abgelehnten nur, wenn keine Unmöglichkeit i.S.d § 275 BGB vorliegt.[511] Zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die Durchsetzung der Nacherfüllung vgl. die Ausführungen oben (siehe Rdn 90).

 

Rz. 184

Vielmehr werden Vertragskosten bewusst der Schadensersatzhaftung zugeordnet.[512] Der Käufer kann diese als vergebliche Aufwendungen gem. §§ 437 Nr. 3, 284 BGB nur beanspruchen, wenn der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat.[513]

 

Rz. 185

 

Praxistipp

Vor allem bei hohen Vertragskosten, z.B. für eine Gebrauchtwagengarantie,[514] sollte sich der Käufer vor Erklärung des Rücktritts im Rahmen seines Wahlrechts gut überlegen, ob er nicht doch besser auf Nacherfüllung besteht, da er diese nicht durchsetzen kann, wenn dem Verkäufer bezüglich des Vertretenmüssens der Entlastungsbeweis (siehe Rdn 290) gelingt, oder die Schadensersatzhaftung wirksam ausgeschlossen wurde (siehe § 13 Rdn 47), was sogar für den Verbrauchsgüterkauf zulässig ist (§ 475 Abs. 1 S. 2 BGB).

[510] Palandt/Grüneberg, § 347 Rn 3; Reinking/Eggert, Rn 3559.
[511] OLG Koblenz DAR 2012, 214.
[512] BT-Drucks 14/6040, 144.
[514] OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 431.

c) Nutzungsersatz

 

Rz. 186

Gemäß § 346 Abs. 1 BGB hat der Käufer im Falle des Rücktritts die gezogenen Nutzungen (§ 100 BGB) unter Einschluss der durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch entstandenen Abnutzung herauszugeben. Für den Gebrauchtwagenkäufer folgt hieraus, dass er für jeden zurückgelegten Kilometer eine Nutzungsvergütung zu zahlen hat. Diese ist zu bemessen entsprechend der linearen Wertminderung im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer bzw. Gesamtlaufleistung.[515] Ist der Verkäufer ein Händler, darf er dennoch keine Mehrwertsteuer aufschlagen.[516]

 

Rz. 187

Auch beim Verbrauchsgüterkauf (vgl. § 14 Rdn 1 ff.) muss der Käufer den Nutzungsvorteil erstatten. Die insoweit gegenteilige Rechtsprechung für den Fall der Nachlieferung i.S.d. §§ 439 Abs. 2, 346–348 BGB (vgl. Rdn 98) ist auch unter Berücksichtigung von Gemeinschaftsrecht nicht auf den Rücktritt zu übertragen.[517]

 

Rz. 188

Der Nutzungs...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?