Rz. 268

Neben die Haftung aus Verschulden (Fahrlässigkeit oder Vorsatz) tritt die Haftung aus "Übernahme einer Garantie" i.S.d. § 276 Abs. 1 BGB.[684]

 

Rz. 269

Der Begriff "Garantie" hat eine Doppelbedeutung. Zum einen wird er verwendet i.S.d. Haltbarkeitsgarantie (§ 443 Abs. 1 Alt. 2 BGB), also i.S. einer Beschaffenheitsgarantie für das "Vorhandenbleiben" von Eigenschaften (vgl. hierzu Rdn 300). Zum anderen wird er in §§ 442, 443 Abs. 1 Alt. 1 BGB als Garantie für das "Vorhandensein" von Eigenschaften verwendet. Auf die Garantie im zweitgenannten Sinne bezieht sich die "Übernahme einer Garantie" aus § 276 Abs. 1 BGB.[685]

Damit ist noch nicht die Frage beantwortet, ob beide Formen der "Garantie", also auch die Haltbarkeitsgarantie zur erweiterten Verantwortlichkeit mit der Folge der Verpflichtung zum Schadensersatz führen. Die erweiterte Verantwortlichkeit nach § 276 BGB knüpft daran an, dass eine strengere Haftung aus der Übernahme einer Garantie "zu entnehmen ist". Eine Garantie dafür, dass eine Kaufsache die Beschaffenheitsmerkmale behält, kann bei dieser Bewertung nicht gleichgesetzt werden mit einer Garantie, dass eine Kaufsache bestimmte Merkmale hat. Es ist "verantwortungsloser", etwas zu verkaufen, was zugesicherte Eigenschaften schon nicht besitzt, als etwas, was diese erst später verliert. Einer Haltbarkeitsgarantie i.S.d. § 443 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist daher in der Regel nicht eine strengere Haftung i.S.d. § 276 Abs. 1 BGB zu entnehmen.[686] Ausnahmen sind möglich, wenn die konkrete Auslegung (§§ 157, 133 BGB) einen weitergehenden Einstandswillen des Verkäufers ergibt,[687] insbesondere dann, wenn in der Garantie auch die Zusicherung einer Eigenschaft zu sehen ist.[688]

 

Rz. 270

Nicht jede Garantie löst also automatisch die erweiterte Haftung nach § 276 BGB aus, sondern nur dann, wenn eine "strengere oder mildere Haftung" aus der Übernahme einer Garantie "zu entnehmen" ist. Kritisch wird daher auch von der Notwendigkeit der Interpretationskunst eines "Entdeckerjuristen" gesprochen.[689]

 

Rz. 271

Die Verantwortlichkeit aus der Übernahme einer Garantie i.S.d. § 276 BGB setzt voraus, dass aus der Sicht des Käufers der erklärte Wille des Verkäufers erkennbar ist, die Gewähr für eine bestimmte Beschaffenheit oder Eigenschaft zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens wie für eigenes Verschulden einstehen zu wollen.[690] Sie kommt unter engen Voraussetzungen auch in Betracht, wenn sie nach Abschluss des Kaufvertrags in einer damit in engem Zusammenhang stehenden Erklärung abgegeben wird.[691]

 

Rz. 272

Erklärungen über Vorgänge oder Ereignisse mit Auswirkung auf die Beschaffenheit des Fahrzeugs, die erkennbar nicht in den eigenen Besitzzeitraum fallen, sind in aller Regel nicht als Garantieübernahme zu bewerten.[692] Gleiches gilt für die Erklärung des Verkäufers, ihm seien keine versteckten Mängel des Kaufobjekts bekannt.[693]

[684] BGH DAR 2006, 143.
[685] BT-Drucks 14/6040, 226, 240.
[686] Ebenso Jauernig, § 276 Rn 42.
[687] Bamberger/Roth/Unberath, § 276 Rn 40; Palandt/Grüneberg, § 276 Rn 29.
[688] BT-Drucks 14/6040, 238.
[689] Altmeppen, DB 2001, 1821, 1822.
[690] BGH NJW 2007, 1346 m. Anm. Gutzeit; BGH NJW 2006, 143; Palandt/Grüneberg, § 276 Rn 29; vgl. zur ähnlichen Definition der Zusicherung: BGH NJW 1997, 2318; NJW 1995, 518.
[691] OLG Brandenburg NJW-RR 1997, 428.
[692] LG Hanau NJW-RR 2003, 1561; LG München I DAR 2004, 276.
[693] OLG Celle MDR 1997, 926.

aa) Abgrenzung zu Beschaffenheitsvereinbarungen

 

Rz. 273

Abweichungen von Beschaffenheitsvereinbarungen stellen bereits einen Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Die Abgrenzung zur Garantie i.S.d. § 276 BGB hat an Bedeutung verloren, weil auch die Haftung für Beschaffenheitsvereinbarungen nicht formularmäßig ausgeschlossen werden kann (vgl. § 13 Rdn 52).

 

Rz. 274

Der zusätzliche, besondere Einstandswille des Verkäufers ist das entscheidende Unterscheidungskriterium der Garantie zur Beschaffenheitsvereinbarung.[694] Der Verkäufer muss sich für ein Beschaffenheitsmerkmal stark machen. Für die Abgrenzung (für konkrete Abgrenzungsbeispiele aus der Rechtsprechung vgl. § 14 Rdn 6, 11) sind auch die Besonderheiten des Gebrauchtwagenmarktes zu berücksichtigen.

 

Rz. 275

Beschaffenheitsvereinbarung und Garantieübernahme liegen umso näher zusammen, als es sich bei der verkauften Sache um eine nicht vertretbare und zudem noch um eine gebrauchte Sache handelt. Während Produktbeschreibungen bei neuen und vertretbaren Sachen zwar verbindlichen aber nicht garantierenden Charakter haben, ist deren Bedeutung bei unvertretbaren Sachen, erst recht bei gebrauchten Sachen, für den Käufer wesentlich höher, denn er erwirbt ein Unikat, so dass für die Kaufentscheidung jede beschriebene Einzelheit an Bedeutung gewinnt, insbesondere zu Alter und Laufleistung (individuell), weniger zu Leistung und Geschwindigkeit (gattungsmäßig).

 

Rz. 276

Beschreibungen gattungsmäßiger Merkmale sind somit eher als Beschaffenheitsvereinbarungen, die Hervorhebung individueller Merkmale eher als Garantieübernahme zu bew...

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