Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 69
Existiert ein Bebauungsplan nicht, so bedeutet es nicht, dass eine Bebauung nicht zulässig ist. Zu unterscheiden ist dann, ob das Grundstück im "Innenbereich" oder im Außenbereich liegt.
a) Innenbereich
Rz. 70
Der Innenbereich wird definiert als der im Zusammenhang bebaute Ortsteil. Die Bebauung in diesem Bereich richtet sich nach § 34 BauGB. Danach ist innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles ein Bauvorhaben zulässig, welches sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenheit der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht das Baugebiet der Eigenart nach einem der Baugebiete nach der Baunutzungsverordnung, so sind die dortigen Vorschriften anzuwenden (§ 34 Abs. 2 BauGB).
Rz. 71
Zu der Frage, ob ein Vorhaben im Sinne dieser Vorschrift genehmigungsfähig ist, hat sich eine umfangreiche Rechtsprechung entwickelt, die auch einer gewissen Dynamik unterliegt. So ist beispielsweise in den vergangenen Jahren feststellbar gewesen, dass auch die sonstigen Bestimmungen der Landesbauordnungen und des Baugesetzbuches darauf ausgerichtet sind, die sogenannte "Innenverdichtung" zu erleichtern. Dies wiederum erhöht den Druck auf die Gemeinden, die Vorschrift des § 34 BauGB eher weiter auszulegen als restriktiver.
Rz. 72
Grundsätzlich kann man sagen, dass innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils das Vorhaben zulässig ist, wenn die vorhandene Umgebungsbebauung in etwa sowohl nach der Nutzungsweise (Art) als auch nach dem Umfang der Bebauung (Maß) des beantragten Vorhabens entspricht.
Allerdings kann zweifelhaft sein, ob der Bereich, der bebaut werden soll, lediglich eine solche "Lücke" darstellt oder der Größe nach so groß ist, dass er wiederum als Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB angesehen werden muss. Dies kann selbst in vorhandenen Innenstadtlagen der Fall sein, wenn die überbaubare Fläche eine nicht unerhebliche Größe erreicht, die im Verhältnis zu den anderen Grünflächen der schon bebauten Grundstücke außergewöhnlich groß erscheint.
Praxishinweis
Auch wenn sich die Rechtslage darstellt, wie oben angegeben, neigen Sachbearbeiter der Baubehörden oft dazu, auf Anfrage zunächst die Möglichkeit der Bebauung zu verneinen; dies teils mit der Behauptung, das Vorhaben füge sich nicht ein oder es passe "ästhetisch" nicht zur Umgebung. In diesen Fällen ist es sinnvoll, diese Auffassung fachlich prüfen zu lassen. Eine Klärung kann dann ein Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides bewirken, den die Behörde zutreffend und zeitnah bescheiden muss. Dazu mehr im nächsten Praxishinweis.
b) Außenbereich
Rz. 73
Bei den Außenbereichsgrundstücken handelt es sich um die Grundstücke, die weder dem Innenbereich nach § 34 BauGB zuzurechnen sind noch dem Geltungsbereich eines Bebauungsplanes angehören. Innerhalb solcher Baugebiete sind grundsätzlich nur die in § 35 Abs. 1 BauGB ausdrücklich festgelegten privilegierten Vorhaben zulässig, zu denen in der Regel landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe gehören.
Sonstige Vorhaben können gemäß § 35 Abs. 2 BauGB nur dann im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
Rz. 74
Die maßgeblichen Beeinträchtigungen sind in § 35 Abs. 3 BauGB geregelt. Zu ihnen gehören:
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die Abweichung von den Festsetzungen des Flächennutzungsplanes |
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die Abweichung von den Festsetzungen eines Landschaftsplanes |
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schädliche Umwelteinwirkungen |
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unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen |
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Belange des Umweltschutzes und der Landschaftspflege und des Bodenschutzes sowie des Denkmalschutzes |
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die Beeinträchtigung von Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur |
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die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung |
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die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen. |
Unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB sind beispielsweise Wohnvorhaben im Außenbereich nur sehr selten zuzulassen, weil sie in der Regel einem der zuvor dargestellten Belange widersprechen.