Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur baurechtlichen Abgrenzung von Innen- und Außenbereich. Ende des innerörtlichen Bebauungszusammenhangs
Leitsatz (amtlich)
1. Der innerörtliche Bebauungszusammenhang endet regelmäßig auch dann am letzten Baukörper, wenn anschließend eine als Pferdekoppel genutzte Wiese folgt, die an ein Waldstück grenzt.
2. Die Verkehrsauffassung erwartet keine Bebauung bis an den Waldrand.
Normenkette
BauGB § 19 Abs. 1 Nr. 3, § 29 S. 1, §§ 30, 34-35; SNG § 27 Abs. 1, 2 Nr. 4; LBO 2004 § 76; LWaldG § 2 Abs. 1, § 14 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Erteilung eines Vorbescheides, mit dem ihnen die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses in Aussicht gestellt wird.
Mit dem Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides vom 22.09.2006, der bei der Beklagten am 01.10.2006 einging, baten die Kläger sinngemäß um Mitteilung, ob die von ihnen vorgesehene Bebauung, die Errichtung eines eineinhalb- bis zweigeschossigen Wohnhauses auf dem Grundstück in A-Stadt, Ortsteil …, Am E…, Gemarkung K…, Flur …, Flurstück … gemäß der in dem beiliegenden Plan schraffiert dargestellten Fläche bauplanungsrechtlich zulässig sei.
Das Grundstück befindet sich am südöstlichen Ortsrand von K… an der Straße “Am E…”. Auf der Ostseite dieser nach Süden von der … Straße abzweigenden Straße stehen von Nord nach Süd die Wohnhäuser mit den Hausnummern 1, 3, 5 und 7. Letzteres ist das Wohnhaus der Kläger. Die Westseite dieser Straße ist mit den Häusern 2, 4, 6, 8, 10 und 14 deutlich weiter in Richtung Süden bebaut. Ein Bebauungsplan existiert für dieses Gebiet nicht.
Mit Vorbescheid vom 07.11.2006 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass das von ihnen vorgesehene Bauvorhaben planungsrechtlich unzulässig sei und eine bauaufsichtliche Genehmigung nicht in Aussicht gestellt werden könne: Das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden solle, liege nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 30 BauGB) und auch nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB), sondern im Außenbereich (§ 35 BauGB). Da es sich nicht um ein nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben handele, könne es dort nur auf der Grundlage von § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, wenn durch die Ausführung keine öffentliche Belange beeinträchtigt würden. Das Vorhaben beeinträchtige indes den Naturschutz (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB), weil es sich als Eingriff in Natur und Landschaft im Verständnis von § 27 Abs. 1 und 2 Nr. 4 SNG darstelle, der die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhalts erheblich beeinträchtigen würde. Weiterhin würde das Vorhaben zu einer Erweiterung der ungeordneten Bebauung in den Außenbereich führen und unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung eine negative Vorbildwirkung haben.
Der am 06.12.2006 erhobene Widerspruch der Kläger gegen den ihnen am 10.11.2006 zugestellten Bescheid vom 07.11.2006 wurde mit Widerspruchsbescheid aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2007 zurückgewiesen: Nach § 76 LBO 2004 sei den Klägern der Vorbescheid zu erteilen, wenn ihr Vorhaben den öffentlich – rechtlichen Vorschriften entspreche. Das sei aber nicht der Fall, weil das zur Bebauung mit einem Wohnhaus vorgesehene Grundstück im Außenbereich liege und § 35 BauGB der beabsichtigten Bebauung entgegenstehe. Der Außenbereich beginne nicht – wie die Kläger meinten – erst am Waldrand, der jenseits des Vorhabengrundstück aufstehe. Denn die insoweit maßgebliche Verkehrsanschauung erwarte keine Bebauung bis unmittelbar an den Waldrand, sondern vielmehr einen angemessenen Waldabstand zur bebauten Ortslage. Das ergebe sich etwa auch aus § 14 Abs. 3 LWaldG, der grundsätzlich einen Abstand von 30 m zwischen der Waldgrenze und Gebäuden verlange. Die Kläger beabsichtigten kein nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben. Der Zulassung auf der Grundlage von § 35 Abs. 2 BauGB stünden die im angegriffenen Bescheid genannten öffentlichen Belange entgegen.
Am 16.01.2008 haben die Kläger bei Gericht Klage gegen den Ausgangsbescheid und den an ihre Bevollmächtigten am 14.12.2007 mit eingeschriebenem Brief zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid erhoben. Zu deren Begründung machen sie geltend, sie beabsichtigten die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Vorhabengrundstück. Dieses liege noch im Innenbereich. Das Ergebnis der Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich durch die Beklagte entspreche nicht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Unrichtig sei bereits, dass der Wald ausweislich der Verwaltungsentscheidungen unmittelbar am Vorhabengrundstück beginn...