Rz. 49
Gebote werden im Versteigerungstermin mündlich abgegeben. Sie werden als privatrechtliche Willenserklärung angesehen, auch wenn sie dem Versteigerungsgericht gegenüber abzugeben sind; sie unterliegen somit der Anfechtungsmöglichkeit wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung, §§ 119, 123 BGB. Allerdings ist eine Anfechtung dann ausgeschlossen, wenn der Bieter im Versteigerungstermin zu spät erscheint und ein Gebot abgibt, ohne sich vorher zu erkundigen, wie viele Rechte im geringsten Gebot bestehen bleiben.
Rz. 50
Insbesondere hat der BGH entschieden, dass ein Bieter sein Gebot nicht wegen einer Fehlvorstellung über den Umfang der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte gem. § 119 Abs. 1 BGB anfechten kann. Der Rechtsfolgenirrtum eines Bieters über die zu übernehmenden Rechte ist nicht als ein wesentlicher Irrtum über den Inhalt des Gebots anzusehen, der diesen nach § 119 Abs. 1 BGB zur Anfechtung berechtigen würde. Ausschlaggebend dafür ist, dass der Bieter sein Gebot in einem gesetzlich geregelten Verfahren abgibt. Die von dem Bieter gewollte Rechtsfolge ist vor allem darauf gerichtet, in dem von dem Vollstreckungsgericht geleiteten Bietgeschäft Meistbietender zu werden und damit den Zuschlag nach Maßgabe der Versteigerungsbedingungen zu erhalten. Nach den dem Bietgeschäft zugrunde liegenden Bestimmungen sind die Gebote nur auf den bar zu zahlenden Betrag abzugeben. Die Teilnahme am Bietgeschäft erfordert danach von dem Bieter zwar, zur Bestimmung seiner tatsächlichen Belastung bei der Abgabe eines Gebots auch die Rechte am versteigerten Grundstück zu berücksichtigen, die nach Maßgabe der Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben. Diese Rechtsfolge ist aber nicht mehr Teil seines Gebots, sondern eine mittelbare Rechtsfolge der von allen Bietern zu berücksichtigenden Bedingungen der Versteigerung, die in die Kalkulation jedes Gebots einfließen muss. Unterläuft dem Bieter in diesem Stadium der Willensbildung ein Fehler bei der Berechnung seines Gebots, handelt es sich um einen Motivirrtum, der von keinem der gesetzlich vorgesehenen Anfechtungsgründe erfasst wird.
Rz. 51
Die Anfechtung muss gegenüber dem Vollstreckungsgericht unverzüglich nach Erkennen des Anfechtungsgrundes erfolgen. Wird der Anfechtungsgrund erst neun Tage nach Bekanntwerden geltend gemacht, ist die Anfechtung verspätet. Wird der Anfechtungsgrund erst nach der Zuschlagserteilung erkannt, muss die Anfechtungserklärung mit der Zuschlagsbeschwerde geltend gemacht werden.
Rz. 52
Erklärt der Meistbietende die Anfechtung seines Gebots, nachdem ihm der Zuschlag erteilt wurde, und wird aufgrund der Beschwerde der Zuschlag aufgehoben, hat er einem anderen Beteiligten, der auf die Wirksamkeit des Meistgebots vertraut und diesem deshalb nicht widersprochen hat, den Vertrauensschaden zu ersetzen.
Rz. 53
Sofern Interessenten oder Beteiligte im Verfahren mitbieten wollen, müssen sie darauf achten, bei Abgabe des Gebots ausreichend legitimiert bzw. bevollmächtigt zu sein. Das Vorschieben eines Strohmannes zur Gebotsabgabe ist i.Ü. nicht sittenwidrig und macht die Gebote auch nicht unwirksam. Wenn jedoch nicht rechtzeitig vor Zuschlagserteilung die Vollmacht vorgelegt wird, § 81 Abs. 3 ZVG, oder die Rechte aus dem Meistgebot abgetreten werden, § 81 Abs. 2 ZVG, erhält der Meistbietende (= Strohmann) den Zuschlag.
Rz. 54
Nach Abgabe eines Gebots hat sich der Bieter mit Name, Adresse und Geburtsdatum durch Vorlage seines Personalausweises oder Reisepasses auszuweisen. Bei einem Einzelkaufmann ist nicht die Firma, sondern sein bürgerlicher Name aufzunehmen.
Rz. 55
Geben mehrere Personen ein Gebot ab, müssen sie ihr Beteiligungsverhältnis angeben; eines besonderen Nachweises hierüber bedarf es jedoch nicht. Dies gilt auch für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), diese ist rechts- und grundbuchfähig. Ab dem 1.1.2024 (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz) ergibt sich die Eintragung der GbR aus dem Gesellschaftsregister, § 707 BGB n.F.
Rz. 56
Eltern, die für ihre minderjährigen Kinder bieten, müssen ein Gebot gemeinsam abgeben, § 1626 Abs. 1 BGB; sie bedürfen gleichzeitig zur Abgabe des Gebots der familiengerichtlichen Genehmigung, §§ 1821 Abs. 1 Nr. 5, 1643 Abs. 1 BGB (ab dem 1.1.2023 neu geregelt in §§ 1643 Abs. 1, 1850 Nr. 5 BGB n.F.).
Rz. 57
Vertreter einer Kirchenbehörde benötigen die Genehmigung der aufsichtführenden Behörde.
Rz. 58
Die Vertretungsbefugnis für eine Gemeinde richtet sich nach den landesrechtlichen Gemeindeordnungen. Ein solches Gebot bedarf keiner besonderen Form; es ist wirksam, wenn es im Versteigerungstermin mündlich abgegeben wird. Ein schriftliches Gebot unter Beifügung des Dienstsiegels oder mit der Unterschrift des Bürgermeisters zu versehen, ist nicht erforderlich und kann nicht das mündlich abgegebene Gebot ersetzen.
Rz. 59
Gebote von Vertretern juristischer Personen sind dann wirksam, wenn sofort die Vertretungsberechtigung nachgewiesen wird, z.B. Geschäf...