Rz. 18
Der Richter soll das Verfahren unabhängig und unparteiisch führen. Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, sind Richter im Unterschied zu Beamten nicht weisungsabhängig. Es gibt also keinen Vorgesetzten, der sie anweisen kann, wie zu entscheiden ist. Auch der Kammer- oder Senatsvorsitzende hätte insoweit keinerlei Handhabe, Druck auf ein Kammer- oder Senatsmitglied auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Gremiums wird nach Köpfen abgestimmt. Weiter sieht die ZPO in den §§ 41 ff. zur Sicherstellung der Unparteilichkeit vor, dass Richter unter bestimmten Umständen von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen oder ablehnbar sind. Ausgeschlossen, d.h. ohne weiteren Akt aufgrund gesetzlicher Vorschrift nicht zur Mitwirkung am Verfahren befugt, ist ein Richter
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in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht; |
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in Sachen seines Ehegatten oder Lebenspartners nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, auch wenn Ehe oder Lebenspartnerschaft nicht mehr bestehen; |
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in Sachen seiner in § 41 Nr. 3 ZPO näher bezeichneten Verwandten; |
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in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als deren gesetzlicher Vertreter aufzutreten berechtigt war oder ist; |
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in Sachen, in denen er Zeuge oder Sachverständiger ist oder war; |
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in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug, eventuell auch als Schiedsrichter, tätig gewesen ist. |
Rz. 19
In diesen Sachen kann der Richter im Übrigen auch abgelehnt werden, falls er bewusst oder unbewusst seine Ausschließung nicht berücksichtigen sollte. Abgelehnt werden kann der Richter ansonsten bei Besorgnis seiner Befangenheit, d.h. wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu begründen. Als Gründe, die geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, kommen nur objektive Gründe in Betracht, die bei vernünftiger Würdigung aus der Sicht des Ablehnenden die Befürchtung wecken können, der Richter sei nicht mehr neutral und unvoreingenommen. Diese objektiven Gründe können zum einen in der Person des Richters selbst liegen, sie können sich aber auch aus seiner Verfahrensführung ergeben.
Rz. 20
Die Ablehnung muss durch ein Ablehnungsgesuch ausgesprochen werden. Sollte der Richter es nicht aufnehmen wollen, kann es zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Dabei ist zu beachten, dass ein solches Ablehnungsgesuch nicht mehr angebracht werden kann, wenn sich die Partei in Kenntnis des Ablehnungsgrundes auf eine Verhandlung vor dem Richter eingelassen hat (§ 43 ZPO). Ergibt sich der Ablehnungsgrund erst während der Verhandlung, ist das Ablehnungsgesuch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung anzubringen.
In beiden Fällen ist der Ablehnungsgrund glaubhaft zu machen. Dabei kann sich der Ablehnende auf das Zeugnis des abgelehnten Richters beziehen (§ 44 Abs. 2 ZPO).
Rz. 21
Über die Ablehnung eines Richters am AG entscheidet nach der ZPO-Reform nunmehr ein anderer Richter des AG, dem auch der abgelehnte Richter angehört. Wird ein Richter am LG abgelehnt, entscheidet die Kammer, der er angehört, sofern sie ohne den abgelehnten Richter beschlussfähig ist. Andernfalls werden die Vertreter der Kammermitglieder herangezogen.