Rz. 22
Mit der zunehmenden Überlastung der Gerichte ergab sich die Notwendigkeit, in bestimmten Rechtsbereichen, überwiegend der (früheren) freiwilligen Gerichtsbarkeit, bislang dem Richter zugeordnete richterliche Aufgaben und Rechtsbereiche auf andere am Gericht tätige Personen zu verlagern. Bereits im Jahr 1921 wurde daher der Berufsstand des Rechtspflegers geschaffen, der kein Volljurist ist, aber eine sehr qualifizierte Ausbildung hat und regelmäßig Beamter ist. Ihm wurden mit der Zeit immer mehr Rechtsbereiche übertragen, teilweise vollumfänglich und teilweise in wesentlichen Teilen. An im vollen Umfang übertragenen Rechtsbereichen sind insbesondere das Führen des Grundbuchs, die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung und die Kostenfestsetzung zu nennen; teilweise übertragen sind bspw. das Erbscheinverfahren (bei gesetzlicher Erbfolge), das Vormundschaftsverfahren und im Wesentlichen das Insolvenzverfahren. Eine detaillierte Aufzählung der Tätigkeitsbereiche des Rechtspflegers findet sich in § 3 Nr. 1 (Vollübertragung) RPflG und § 3 Nr. 2 (Vorbehaltsübertragung i.V.m. §§ 14 ff.) RPflG.
Rz. 23
Rechtspfleger sind hochqualifizierte und in ihren Bereichen Richtern häufig praktisch überlegene Fachkräfte, die ebenfalls gem. § 9 RPflG sachlich unabhängig und nur an Gesetz und Recht gebunden sind. Rechtspfleger kann nur werden, wer die in § 2 RPflG genannten Voraussetzungen erfüllt und eine mehrjährige Ausbildung absolviert hat. Ergeben sich in einer Sache Schwierigkeiten, so hat der Rechtspfleger diese Sache dem Richter vorzulegen. Gleiches gilt, wenn der Rechtspfleger von einer ihm bekannten Meinung des formaliter übergeordneten Richters abweichen will. Bei Streit über die Zuständigkeit zwischen Richter und Rechtspfleger entscheidet hierüber verbindlich der Richter gem. § 7 RPflG, wobei der Grundsatz gilt, dass es die Wirksamkeit einer richterlichen Geschäftsvornahme nicht beeinträchtigt, wenn der Rechtspfleger zuständig gewesen wäre. Andersherum gilt dies bei nicht auf den Rechtspfleger übertragbaren Aufgaben nicht, da der Rechtspfleger nur im Rahmen der ihm zugewiesenen oder zumindest zuweisbaren Bereiche tätig werden darf.
Rz. 24
Vom Rechtspfleger gesetzte Rechtsakte sind mit den im allgemeinen Verfahrensrecht vorgesehenen Rechtsmitteln angreifbar. Sind danach im konkreten Fall keine Rechtsmittel gegeben, ist gem. § 11 Abs. 2 RPflG eine befristete (2-Wochen-Frist) Erinnerung statthaft. Sofern der Rechtspfleger der Erinnerung nicht abhilft, was er kann, legt er die Sache dem Richter zur Entscheidung vor.