Rz. 45
Prozessbevollmächtigte sind Parteivertreter, die aufgrund einer Vollmacht den Prozess anstelle der Partei führen, § 80 ZPO. Als Prozessbevollmächtigte treten heute fast ausschließlich Rechtsanwälte auf. Rechtsanwälte müssen für ihre Zulassung ein Studium der Rechtswissenschaften und den juristischen Vorbereitungsdienst erfolgreich absolviert haben. Sie verfügen damit über die gleiche Ausbildung wie Richter oder Staatsanwälte.
1. Zulassung
Rz. 46
Das Zulassungsrecht für Anwälte ist zur Jahrhundertwende deutlich verändert worden. Rechtsanwälte sind an bestimmten Gerichten zugelassen. Seit dem Jahr 1999 können Rechtsanwälte, die formaliter bei dem LG ihres Kanzleisitzes zugelassen sind, auch vor allen anderen Amts- und Landgerichten in Deutschland tätig werden, was dazu geführt hat, dass heute viele Rechtsanwälte auch längere Wege zu auswärtigen Gerichten in Kauf nehmen, wenn der Streit- und damit auch der Gebührenwert einer Sache den Aufwand so übersteigt, dass es finanziell interessanter ist, die Reise auf sich zu nehmen, als einen Korrespondenzkollegen vor Ort mit der Wahrnehmung des Gerichtstermins zu bevollmächtigen. Bis ins Jahr 2006 konnten Anwälte mit einer gewissen Berufserfahrung (5-jährige Zulassung beim LG erforderlich) sich auch noch bei dem übergeordneten Oberlandesgericht zulassen und dann nicht nur vor diesem Oberlandesgericht, sondern vor allen Oberlandesgerichten in Deutschland auftreten. Seither ist auch diese Zulassungsbarriere gefallen, so dass auch junge Rechtsanwälte bei allen Oberlandesgerichten auftreten können. Eine Besonderheit besteht nur noch für die Anwälte beim BGH, die ausschließlich dort zugelassen sind. Bei Verfahren zum BGH muss dementsprechend ein beim BGH zugelassener Rechtsanwalt eingeschaltet werden, alle anderen Rechtsanwälte sind dort nicht zugelassen.
2. Bedeutung der Zulassung
Rz. 47
Wie zuvor bereits dargelegt, hat die Bedeutung der Anwaltszulassung an einem bestimmten Gericht seit 1999 relevant abgenommen, da anders als früher die bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Anwälte bundesweit vor allen Amts- und Landgerichten in Zivilsachen auftreten können und seit dem Jahr 2007 auch vor allen Oberlandesgerichten.
In Verwaltungs-, Sozial-, Arbeits- und Finanzrechtsstreitigkeiten kann jeder Rechtsanwalt in jeder Instanz der entsprechenden Fachgerichte tätig werden, außerdem in Strafsachen vor den ordentlichen Gerichten.
3. Vollmacht
Rz. 48
Grundsätzlich hat der Prozessbevollmächtigte seine Vollmacht zur Prozessführung in jeder Phase des Verfahrens nachzuweisen (§ 80 Abs. 1 ZPO). Dem entspricht, dass der Verfahrensgegner den Mangel der Vollmacht jederzeit rügen kann, § 88 ZPO.
Ist der Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt, prüft das Gericht die Vollmacht nicht von Amts wegen (§ 88 Abs. 2 ZPO), sondern nur auf Rüge. Es ist daher für den Rechtsanwalt zwar grds. nicht notwendig, eine schriftliche Vollmacht vorzulegen. Vielmehr reicht es aus, die Bevollmächtigung zu versichern, solange der Verfahrensgegner die Vollmacht nicht bestreitet. Wird die Vollmacht allerdings bestritten, muss sie nachgewiesen werden, weswegen es sich immer empfiehlt, eine schriftliche Vollmacht vom Mandanten einzuholen. Das hilft auch manchmal, wenn sich Mandanten gelegentlich nicht mehr daran erinnern möchten, doch zuvor in der Sache mandatiert zu haben. Ausnahme von der vorgenannten Regel, wonach eine Vollmacht bis auf Rüge hin nicht vorgelegt zu werden braucht, ist das Verfahren in Ehe- und Personenstandssachen. Hier muss dem Gericht eine Vollmacht vorgelegt werden. Geschieht dies nicht, muss das Gericht diesen Mangel von Amts wegen berücksichtigen (§§ 609, 640 ZPO). Die Vollmacht muss sich im Übrigen ausdrücklich auf die Ehescheidung, -aufhebung oder -anfechtung beziehen.
4. Büromäßige Behandlung
Rz. 49
Auch wenn es in Zivilverfahren fast nie vorkommt, dass dem Gericht eine Vollmacht vorgelegt werden muss, empfiehlt es sich, bei der ersten Besprechung den Mandanten eine Vollmacht unterzeichnen zu lassen sowie eine Vereinbarung über die Vergütung in der Angelegenheit schriftlich zu treffen. Für Vollmachten gibt es im entsprechenden Fachhandel Vordrucke, die der Mandant lediglich unterzeichnen muss und die den Umfang der Vollmacht ausführlich festlegen. Vorteil dieses Vorgehens ist zum einen, dass ggf. eine Vollmacht auch kurzfristig vorgelegt werden kann, zum anderen kann mit ihr die Bevollmächtigung auch gegenüber den Mandanten belegt werden, wenn dieser sie – bspw. in einem Honorarprozess – bestreitet.
5. Umfang der Vollmacht
Rz. 50
Die Vollmacht ermächtigt zu allen den Rechtsstreit betreffenden Rechtshandlungen einschließlich der Erhebung der Widerklage, der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Zwangsvollstreckung (§§ 81, 82 ZPO). Durch die vom Prozessbevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen wird der Mandant in derselben Weise verpflichtet als wenn er sie selbst – wirksam – vorgenommen hätte (§ 85 ZPO). Dies gilt jedoch nicht für Geständnisse, die vor dem Gericht abgegeben werden, wenn der miterschienene Mandant sofort widerspricht oder den Vortrag seines Anwalts berichtigt (§ 85 S....