Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 229
Dass die Durchsetzung des Teilzeitanspruchs im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich möglich ist, ist in der Rechtswirklichkeit nach den mittlerweile vorliegenden Urteilen einhelliger Konsens. Die Anforderungen, die die Gerichte stellen, sind durchweg unterschiedlich. Sie sollen hier wie folgt aufgelistet werden:
Rz. 230
▪ LAG Berlin, Urt. v. 20.2.2002 – 4 Sa 2243/91:
Die Durchsetzung des Teilzeitanspruchs im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht auf Notfälle beschränkt. Vielmehr seien die Erfolgsaussichten des Teilzeitantrages und das Gewicht der drohenden Nachteile zu berücksichtigen.
Rz. 231
▪ LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.4.2002 – Sa 161/02:
Die Durchsetzung des Teilzeitanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung ist grundsätzlich zulässig. Da der Arbeitgeber mit dem Erlass einer solchen Verfügung die zumindest teilweise Erfüllung des streitigen Anspruchs hinnehmen müsse, seien an die Darlegung und Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Drohen müssten im Hinblick auf den Verfügungsgrund wesentliche Nachteile.
Rz. 232
▪ LAG Hamburg, Urt. v. 6.9.2001 – 8 ASa 59/01:
Die Durchsetzung des Anspruchs auf Teilzeit ist grundsätzlich auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes möglich. Voraussetzung ist, dass der Anspruch ansonsten wegen Zeitablaufs leerlaufen würde.
Rz. 233
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit gem. § 8 Abs. 1 TzBfG kann unter den Voraussetzungen der sog. Leistungsverfügung durch Erlass einer gerichtlichen Interimsregelung vorläufig realisiert werden. Da eine solche Leistungsverfügung zu einer teilweisen oder völligen Befriedigung des streitigen Anspruchs führt, sind an Darlegung und Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund strenge Anforderungen zu stellen. Bei der Interessenabwägung ist auf die Wahrscheinlichkeit des Obsiegens in der Hauptsache und das Gewicht drohender Nachteile auf beiden Seiten abzustellen. Eine Beschränkung auf Notfälle ist als Maßstab zu eng.
Rz. 234
Die Durchsetzung des Teilzeitanspruchs ist zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Wegen der daraus resultierenden Vorwegnahme der Hauptsache, komme eine derartige Verfügung aber nur dann in Betracht, wenn der Teilzeitanspruch offensichtlich gegeben sei und entgegenstehende betriebliche Gründe auf den ersten Blick ausschieden.
Rz. 235
▪ Hessisches LAG, Urt. v. 30.1.2006 – 16 SaGa 1823/05:
Der einstweilige Rechtsschutz ist grundsätzlich zulässig. Dem Interesse des Antragsgegners, dass durch vorläufige Maßnahmen nicht praktisch eine endgültige Regelung herbeigeführt wird, ist dadurch Rechnung getragen, dass an den Verfügungsgrund, nämlich die Abwendung wesentlicher Nachteile, strenge Anforderungen zu stellen sind.
Rz. 236
Die Durchsetzung des Teilzeitanspruchs im Wege der einstweiligen Verfügung ist nur dann möglich, wenn ein besonderes Eilbedürfnis vorliegt.
Rz. 237
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nebst deren Verteilung nach § 8 TzBfG kann im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens vorläufig durchgesetzt werden, wenn die Teilzeitarbeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile des Arbeitnehmers geboten ist und betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.
Rz. 238
Die Zustimmung des Arbeitgebers zur Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG kann der Arbeitnehmer ausnahmsweise im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen, wenn die Verringerung der Arbeitszeit aus familiären Gründen dringend und unumgänglich ist.
Rz. 239
▪ ArbG Stuttgart, Beschl. v. 14.10.2005 – 18 Ga 110/05:
Einstweiliger Rechtsschutz auf Verringerung der Arbeitszeit beziehungsweise deren Verteilung ist trotz seiner Erfüllungswirkung nach § 940 ZPO nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Wertung des § 894 ZPO steht der Zulassung des einstweiligen Rechtsschutzes nicht entgegen und dieser ist aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes auch geboten. Eine solche einstweilige Verfügung kommt jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht. Weil die Hauptsache vorweggenommen wird und es sich deshalb um eine Befriedigungsverfügung handelt, ist ein Verfügungsgrund nur gegeben, wenn der Arbeitnehmer seinerseits Gründe darlegen kann, welche ergeben, dass er auf die bestimmte Lage der reduzierten Arbeitszeit dringend angewiesen ist. Aber auch wenn derartige Umstände seitens des Arbeitnehmers vorliegen, ist die einstweilige Verfügung nicht zu erlassen, sofern es am Verfügungsanspruch fehlt. Allerdings reicht es für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung aus, sofern ein Obsiegen der Verfügungsklägerin in der Hauptsache überwiegend wahrscheinl...