Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 161
Nach § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG liegt ein betrieblicher Grund insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Bestimmung konkretisiert den unbestimmten Rechtsbegriff der betrieblichen Gründe durch die – nicht abschließende – Aufzählung von Umständen, die der Arbeitgeber dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers entgegenzusetzen vermag. Auch in § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG nimmt das Gesetz nicht auf den Arbeitsplatz, den der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Verringerungsverlangens innehat, Bezug. Der Prüfungsrahmen, den § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG vorgibt, ist denkbar weit. Die Mehrzahl der genannten Einwände, wie Organisation, Arbeitsablauf oder Sicherheit, weist einen Betriebsbezug auf.
Rz. 162
Der Arbeitgeber hat die gegen das Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers vorgebrachten betrieblichen Gründe substantiiert und nicht nur schlagwortartig so darzulegen, dass nachvollziehbar wird, dass und warum sie zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Organisation oder des Arbeitsablaufs führen. Die ausdrückliche Festlegung der Tarifvertragsparteien in einem Manteltarifvertrag, dass das im Tarifvertrag geregelte Teilzeitmodell die betrieblichen Möglichkeiten hinsichtlich Organisation, Arbeitsablauf und Sicherheit im Betrieb ausschöpfe, ist zu respektieren. Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Stuttgart liegt eine wesentliche Beeinträchtigung der Organisation oder des Arbeitsablaufes unter anderem vor, wenn
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bezüglich der Verteilung der Arbeitszeit dem Arbeitgeber keine Arbeitsplätze oder Räume zur Verfügung stehen, |
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es auf den persönlichen Kontakt im Sinne einer kontinuierlichen Anwesenheit ankommt, |
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ein erhöhter Reibungsverlust aufgrund notwendiger Informationsweitergaben auftreten würde, |
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zeitliche Schwerpunkte i.S.v. Belastungsspitzen nach Wochentagen oder nach Tageszeiten bei dem Arbeitgeber vorliegen. |
Rz. 163
Außerhalb eines feststehenden Organisationskonzeptes sind maßgebliche Umstände, die für eine mögliche Beeinträchtigung der Organisation und von Arbeitsabläufen eine Rolle spielen können, die Art der Tätigkeit des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, der Umfang der gewünschten Arbeitszeitverringerung, die Lage der Arbeitszeit gem. den Wünschen des Arbeitnehmers, die Anzahl der Teilzeitarbeitnehmer im Unternehmen, das Arbeitszeitmodell im Beschäftigungsbetrieb. Lässt § 8 Abs. 1 TzBfG eine weitaus größere Bandbreite von Teilzeitmodellen als eine im Betrieb gültige Betriebsvereinbarung zur Teilzeit zu, ist die hierin liegende Beschränkung unzulässig, da sie die Wahlmöglichkeiten, die das TzBfG dem Arbeitnehmer eröffnet, zu seinen Lasten beschränkt. § 22 Abs. 1 TzBfG erfasst alle Regelungen, die den Inhalt des Anspruchs zum Nachteil des Arbeitnehmers verändern. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf eine Betriebsvereinbarung zur Teilzeit ist unwirksam, soweit dadurch zuungunsten des Arbeitnehmers von den Vorschriften des TzBfG abgewichen wird.
Rz. 164
Es besteht Einigkeit darüber, dass der Beeinträchtigung der Sicherheit im Betrieb keine wesentliche praktische Relevanz zukommt. Voraussetzung dürfte sein, dass infolge der Arbeitszeitverringerung notwendige Sicherheitsstandards oder Unfallverhütungsvorschriften nicht mehr eingehalten werden können. Urteile, die die wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit im Betrieb betreffen, sind nicht bekannt.