Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 102
Mit der formell wirksamen Geltendmachung des Verringerungsersuchens beginnt unmittelbar das Entscheidungs-/(Einigungs-)Verfahren nach § 8 Abs. 3, 4 TzBfG. Dieses vollzieht sich in den Stufen der Erörterung sowie der nachfolgenden arbeitgeberseitigen Reaktion auf das Teilzeitverlangen.
I. Erörterung
Rz. 103
Gem. § 8 Abs. 3 TzBfG hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer die gewünschte Verringerung mit dem Ziel zu erörtern, zu einer Vereinbarung zu gelangen. Daneben hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer Einvernehmen über die Verteilung der Arbeitszeit zu erzielen. Der Umstand, dass die Erörterungspflicht an die Verringerung der Arbeitszeit anknüpft und danach auch einvernehmliche Entscheidung über die Verteilung der somit verringerten Arbeitszeit zu erzielen ist, zeigt, dass das Verteilungsverlangen gegenüber dem Verringerungsverlangen unselbstständig ist (vgl. Rdn 111 und Rdn 118).
Rz. 104
Entgegen der Gesetzesbegründung, wonach der Arbeitgeber verpflichtet sein soll, die Angelegenheit mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, ist eine solche selbstständig einklagbare Pflicht zur Erörterung nicht im Gesetz vorgesehen. Eine ausdrückliche Sanktion des Unterlassens der Erörterung ist ebenfalls nicht normiert.
Rz. 105
Aufgrund der regelmäßig gegebenen Verbindung von Verringerungs- und Verteilungsverlangen, infolge derer das Änderungsangebot des Arbeitnehmers nur einheitlich abgelehnt oder angenommen werden kann, gilt aber Folgendes: Lässt sich der Arbeitgeber auf eine Erörterung des Wunsches des Arbeitnehmers nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit nicht ein, so verstößt der Arbeitgeber damit gegen die ihm nach § 8 Abs. 3 S. 2 TzBfG obliegende Verhandlungspflicht. Eine Verletzung dieser Obliegenheit hat weder die Fiktion einer Zustimmung noch die Verwirkung des Rechts zur Folge, das Änderungsangebot des Arbeitnehmers abzulehnen. Die gesetzlich vorgesehene Verhandlungspflicht ist kein rechtlich unverbindlicher Appell des Gesetzgebers. In ihr kommt der Wille zum Ausdruck, durch Begründung von Rechtspflichten möglichst eine einvernehmliche, innerbetriebliche Regelung zu begründen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Bestimmung eine Verhandlungsobliegenheit für den Arbeitgeber begründet. Diese Obliegenheit zeitigt Rechtsfolgen. Verhandelt der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer nicht über die Verteilung der Arbeitszeit und lehnt das Verringerungsverlangen ab, so kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Einwendungen (betrieblichen Gründe) entgegenhalten, die im Rahmen einer Verhandlung über die Verteilung hätten ausgeräumt werden können. Klagt der Arbeitnehmer gerichtlich einen anderen Verteilungswunsch ein, als er ursprünglich geltend gemacht hat, so ist dies zulässig, wenn der Arbeitgeber zuvor keinen Einigungsversuch hinsichtlich der Verteilung unternommen hat und der geänderte Verteilungswunsch aus neuen Erkenntnissen resultiert, die der Arbeitnehmer im Laufe des Verfahrens gewonnen hat. Denn in diesem Falle hätte der Arbeitnehmer bei ordnungsgemäßem Verhalten des Arbeitgebers diese Erkenntnisse bereits vorgerichtlich im Verhandlungsgang gewonnen und berücksichtigen können.
Rz. 106
Ist für den Arbeitgeber erkennbar, dass der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit von der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit abhängig machen will, kann der Arbeitgeber nur einheitlich das Änderungsangebot annehmen oder ablehnen.
Lässt sich der Arbeitgeber auf eine Erörterung des Wunsches des Arbeitnehmers nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit nicht ein, so verstößt der Arbeitgeber damit gegen die ihm nach § 8 Abs. 3 S. 2 TzBfG obliegende Verhandlungspflicht. Eine Verletzung dieser Obliegenheit hat weder die Fiktion einer Zustimmung noch die Verwirkung des Rechts zur Folge, das Änderungsangebot des Arbeitnehmers abzulehnen.
Rz. 107
Der Verlust eigener Rechte kommt nur in Betracht, sofern die gesetzliche Bestimmung keine ausreichende Sanktion anordnet und somit den anderen Vertragspartner rechtlos stellt. Das TzBfG stellt den Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber nicht verhandelt, nicht rechtlos, denn die Verletzung der Verhandlungsobliegenheit hat Rechtsfolgen (vgl. Rdn 112). Diese Rechtsfolgen reichen aus, den Arbeitgeber zur Verhandlung anzuhalten. Erfolgt diese nicht, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, die mit der Verhandlung von ihm angestrebte Rechtsfolge, nämlich die veränderte Vertragsgestaltung, gerichtlich durchzusetzen.
Rz. 108
Hinweis
Dem Arbeitgeber ist aufgrund der aufgezeigten Rechtsfolgen zu raten, nach Eingang des Verringerungsersuchens ein (zu dokumentierendes) Gespräch mit dem Arbeitnehmer zu suchen. Eine Ablehnung des Teilzeitwunsches sollte erst nach Durchführung dieses Gespräches und Überprüfung der Umsetzbarkeit der Wünsche des Arbeitnehmers erfolgen. Ggf. muss ein weiteres Gespräch geführt werden, um auf der Basis der Prüfungsergebnisse zu versuchen, eine Einigung zu finden.
Rz. 109
Mehr noch als im Hinblick auf die Verringerung der Arbeitszeit muss eine Einigungspflicht für ...