Kein Recht auf Brückenteilzeit bei versäumter Frist
Seit 2019 gibt es das Recht auf befristete Teilzeit. Beschäftigte dürfen ihre Arbeitszeit innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr bis zu fünf Jahre zeitlich begrenzt verringern. Die Brückenteilzeit müssen sie ebenso wie die "normale" Teilzeit mindestens drei Monate vorher schriftlich beantragen. Wird diese Frist nicht eingehalten, hat dies unterschiedliche Konsequenzen, wie die aktuelle BAG-Entscheidung zeigt.
Während ein Antrag auf "normale" Teilzeit auch wirksam sein kann, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die gesetzliche Antragsfrist von drei Monaten nicht einhält, muss der Arbeitgeber einem nicht fristgerechten Antrag auf Brückenteilzeit nicht ohne Weiteres zustimmen. Der Antrag könne nicht einfach dahingehend umgedeutet werden, dass der rechtlich frühestmögliche Beginn der Teilzeit gemeint sei, stellte das BAG fest.
Der Fall: Arbeitgeber lehnt Teilzeitbegehren ab
Im konkreten Fall war die Arbeitnehmerin seit 2007 zunächst in Vollzeit mit einer Stundenanzahl von 38,5 Stunden bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Um ihr damals noch minderjähriges Kind zu betreuen, vereinbarte sie entsprechend einer tariflichen Grundlage für die Jahre 2012 bis 2019 eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 35 Stunden. Von 2019 bis 2020 verringerte sie diese Stundenanzahl weiter auf 33 Stunden. Im Januar 2020 bat sie den Arbeitgeber, der Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf 33 Stunden erneut zuzustimmen - diesmal für den Zeitraum von April 2020 bis März 2021. Dies lehnte der Arbeitgeber ab.
Arbeitnehmerin klagt auf Gewährung der Brückenteilzeit
Nach Meinung des Arbeitgebers lagen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 BAT/AOK-Neu für eine Teilzeitbeschäftigung nicht mehr vor. Die Arbeitnehmerin erneuerte ihren Antrag unter Hinweis darauf, dass ihr Vater pflegebedürftig sei. Ihr Schreiben vom 22. Januar 2020, das dem Arbeitgeber am 24. Januar 2020 zuging, lehnte der Arbeitgeber erneut ab. Diesmal mit der Begründung, dass die Angaben ohne ein Gutachten oder Attest nicht ausreichten. Zudem stünden der Gewährung von Teilzeit dienstliche Belange entgegen. Ab April 2020 arbeitete die Arbeitnehmerin wieder in Vollzeit.
Mindestfrist bei Antrag auf Brückenteilzeit nicht eingehalten?
Vor Gericht klagte sie auf Gewährung von Teilzeit, hielt aber nur noch den Antrag Brückenteilzeit gemäß § 9a TzBfG aufrecht. Der Arbeitgeber brachte vor, dass er nicht verpflichtet sei, dem Teilzeitverlangen zu entsprechen, da die Mitarbeiterin die dreimonatige Ankündigungsfrist nach § 9a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht eingehalten habe. Auf die Einhaltung dieser Mindestfrist habe er nicht verzichtet.
Kein Recht auf Brückenteilzeit bei versäumter Frist
Die Klage der Arbeitnehmerin auf Brückenteilzeit blieb vor dem BAG ohne Erfolg. Das Gericht entschied zugunsten des Arbeitgebers, dass dieser dem Verlangen der Arbeitnehmerin auf zweitweise Reduzierung der Arbeitszeit nicht zustimmen musste. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 9a TzBfG lagen aus Sicht der Erfurter Richter nicht vor, da die erforderliche Frist nicht eingehalten worden sei.
In der Begründung machte das Gericht deutlich, dass ein Antrag auf befristete Teilzeit, der nicht innerhalb der Mindestankündigungsfrist gestellt wurde, nicht als ein "zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgegebenes Angebot auf Änderung der Arbeitszeit" ausgelegt werden könne.
BAG: keine arbeitnehmerfreundliche Auslegung möglich
Bei einem nicht fristgemäß erfolgten Antrag auf Teilzeit auf unbestimmte Dauer ist dieser nach gängiger Auffassung des BAG wirksam, weil er umgedeutet werden kann. Grundsätzlich wolle der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin vor allem die Verringerung der Arbeitszeit. Der Beginn könne daher auch erst erfolgen, wenn es rechtlich möglich sei.
Anderes gelte bei der Brückenteilzeit nach § 9a Abs.1 TzBfG. Hier sei grundsätzlich nicht klar, ob der Arbeitnehmende die Brückenteilzeit verkürzen oder verschieben wolle. Ohne entsprechende Anhaltspunkte war der vorliegende Antrag auf Brückenteilzeit somit nicht wirksam.
Hinweis: BAG, Urteil vom 7. September 2021, Az: 9 AZR 595/20, Vorinstanz: LAG Düsseldorf, Urteil vom 28. Oktober 2020 , Az: 12 Sa 450/20
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