Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 135
Nach § 8 Abs. 4 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Ablehnungsgründe können durch Tarifvertrag festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen über die Ablehnungsgründe vereinbaren. § 8 TzBfG begründet jedoch einen grundsätzlich tariflich nicht disponiblen gesetzlichen Anspruch. Durch Tarifverträge kann zum Nachteil der Beschäftigten eine Vereinbarung von Abweichungen zu § 8 TzBfG nicht getroffen werden. Zudem lässt das Günstigkeitsprinzip einzelvertragliche Abweichungen von tariflichen Regelungen zu.
Rz. 136
§ 8 TzBfG vermittelt dem Arbeitnehmer einen echten Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Möchte der Arbeitgeber diesem Anspruch betriebliche Gründe entgegenhalten, so muss er diese einwenden. Bei dem Vorbringen, es lägen betriebliche Gründe nach § 8 Abs. 4 TzBfG vor, handelt es sich daher um eine Einrede des Arbeitgebers, nicht dagegen um eine Einwendung, die von Amts wegen zu berücksichtigen wäre.
Rz. 137
Für den Zeitpunkt des Vorliegens betrieblicher Gründe kommt es auf den Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunsches durch den Arbeitgeber an. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, spätere Änderungen der Sachlage zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Er ist aber im Gegenzug auch nicht berechtigt, Umstände geltend zu machen, die erst nach einer (grundlosen) Ablehnung eines Teilzeitwunsches eingetreten sind und diese Ablehnung nachträglich stützen könnten.
Die betrieblichen Gründe i.S.d. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG sind nicht arbeitsplatz-, sondern betriebsbezogen zu bestimmen. Für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber maßgeblich.
Rz. 138
Für das Vorliegen eines den Anspruch ausschließenden betrieblichen Grundes trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Für die Erfüllung seiner Darlegungspflicht reicht es nicht aus, wenn der Arbeitgeber darauf verweist, der bisherige Arbeitsplatz des Arbeitnehmers lasse die von diesem gewünschte Verringerung seiner Arbeitszeit nicht zu. Es genügt, dass der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, die Verringerung der Arbeitszeit abzulehnen. Hinsichtlich der Entscheidung, ob betriebliche Gründe dem Verringerungswunsch entgegenstehen, bedarf es der Einbeziehung nicht nur der freien Arbeitsplätze, sondern auch derjenigen, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern zugewiesen hat.
1. "Dringende" betriebliche Gründe?
Rz. 139
Das Gesetz verlangt für den Anspruchsausschluss lediglich das Vorliegen eines betrieblichen Grundes. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand der gesetzlichen Vorgabe zu konkretisieren ist.
Rz. 140
Bei der Auslegung des Begriffes ist zunächst von Belang, welcher grundsätzliche Maßstab anzulegen ist. Ursprünglich war im Referentenentwurf noch von dringenden betrieblichen Gründen die Rede. Diese Formulierung wurde vom Gesetzgeber nicht übernommen. Nach der Gesetzesbegründung sollen bereits rationale, nachvollziehbare Gründe ausreichen. Daraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber bewusst Abstand von der Verwendung des Begriffes "dringend" genommen hat.
Rz. 141
Für einen bewussten Verzicht auf "dringende Gründe" sprechen auch systematische Gesichtspunkte. Zum einen ist der Begriff des "dringenden Grundes" dem Gesetzgeber bekannt. Er wird in § 1 Abs. 2 KSchG verwandt. Hinzu kommt, dass in dem gleichen Zeitraum wie das TzBfG auch das BErzGG in der Fassung vom 1.12.2000 in Kraft getreten ist. In § 15 Abs. 4 BErzGG wurde aber die Terminologie "dringenden betrieblichen Gründen" verwandt. Auch in der Nachfolgeregelung zu § 15 Abs. 4 BErzGG, in § 15 Abs. 7 Nr. 4 BEEG hat der Gesetzgeber den Terminus "dringende betriebliche Gründe" verwandt. § 6 Abs. 4 ArbZG stellt auf entgegenstehende "dringende betriebliche Erfordernisse" ab, § 7 Abs. 1 und 2 BUrlG auf "dringende betriebliche Belange bzw. Gründe". Innerhalb des TzBfG wird zwischen "betrieblichen Gründen" (§ 8 Abs. 4 TzBfG) und "dringenden betrieblichen Gründen" (§ 9 TzBfG) unte...