Ansgar Beckervordersandfort, Dr. Christopher Riedel
Rz. 73
Für die wirksame Stimmabgabe in einer Gesellschafterversammlung ist diese zunächst ordnungsgemäß einzuberufen, um die Gesellschafter entsprechend zu laden. Die Ladung ist Mittel des Schutzes des mitgliedschaftlichen Rechts der Gesellschafter auf Teilnahme an Information und Willensbildung innerhalb der Gesellschafterversammlung. Wird ein minderjähriger Gesellschafter gesetzlich vertreten, geht die Ladung an den Minderjährigen, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter. Der gesetzliche Vertreter ist damit Postadressat. Er erhält somit auch das entsprechende Teilnahmerecht anstelle des Minderjährigen. Soll in der Gesellschafterversammlung hingegen ein Beschluss gefasst werden, bei dem der gesetzliche Vertreter von der Beschlussfassung bzw. Stimmabgabe gem. § 181 BGB ausgeschlossen ist, ist an dessen Stelle der Ergänzungspfleger zu laden, damit diesem die Ladung wirksam zugehen kann.
Rz. 74
In der Praxis bedeutet dies, dass grds. schon bei der Ladung die Entscheidung zu fällen wäre, ob die Eltern von der späteren Beschlussfassung bzw. Stimmabgabe ausgeschlossen sind und daher an ihrer Stelle ein noch zu bestellender Ergänzungspfleger zu laden ist. Um den Eltern weiterhin zu ermöglichen, ihrer Pflicht aus § 1909 Abs. 2 BGB nachzukommen, sollte die Ladung daher zunächst den Eltern zugestellt werden, welche dann anhand der angekündigten Tagesordnungspunkte entscheiden müssen, ob sie selbst von der Beschlussfassung bzw. Stimmabgabe gem. §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795, 181 BGB oder aufgrund eines Stimmrechtsverbots ausgeschlossen sind. Eine mangelhafte Einberufung kann ansonsten nur geheilt werden, indem sich der Ergänzungspfleger in der Gesellschafterversammlung mit der Beschlussfassung einverstanden erklärt. Ohne dieses Einverständnis sind dennoch gefasste Beschlüsse aufgrund der mangelhaften Einberufung hingegen nichtig.
Rz. 75
Um die Problematik der fehlerhaften Ladung und Beschlussfassung zu umgehen, sollte ganz genau überlegt werden, welche Tageordnungspunkte in der Gesellschafterversammlung zwingend zu beschließen sind. Ggf. sind beispielsweise sämtliche Beschlüsse, welche einen Ergänzungspfleger erforderlich machen (beachtliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages, ggf. Geschäftsführerbestellungen oder Entlastungen), in einer separaten Gesellschafterversammlung zu fassen.