Ansgar Beckervordersandfort, Dr. Christopher Riedel
Rz. 40
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Norm des § 1822 Nr. 3 BGB, die ein Genehmigungserfordernis für den Abschluss von Gesellschaftsverträgen vorsieht, wenn die Gesellschaft zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen werden soll.
Rz. 41
Der Begriff des Erwerbsgeschäfts ist nach ständiger Rechtsprechung weiter zu fassen als der des kaufmännischen Handelsgewerbes i.S.d. §§ 1–3 HGB. Vielmehr genügt bereits ein Inbegriff von Sachen und Rechtspositionen, die der selbstständigen Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienen "und dadurch eine Sinnhaftigkeit bilden". Weitere Qualifikationen müssen nicht erfüllt werden. Ein Erwerbsgeschäft kann daher auch durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben werden, ohne dass diese automatisch den Status einer Personenhandelsgesellschaft (oHG) erhalten würde. Erwerbsgeschäft i.S.v. § 1822 Nr. 3 BGB ist jede berufsmäßig ausgeübte, auf selbstständigen Erwerb gerichtete Betätigung, die auf Dauer angelegt ist und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Berufsmäßige Betätigungen kommen insoweit in Form des Handeltreibens, der Fabrikation, des Handwerks, der Landwirtschaft sowie durch wissenschaftliche, künstlerische oder sonstige, z.B. freiberufliche, Tätigkeiten in Betracht. Allen Erscheinungsformen des Betriebs eines Erwerbsgeschäfts ist demnach gemeinsam, dass durch aktives Tun des Betreibers eine Wertschöpfung stattfindet oder wenigstens angestrebt wird.
Rz. 42
Das bloße Verwalten bereits vorhandenen Vermögens, also die Fruchtziehung, die nicht auf dem persönlichen Einsatz eines Beteiligten beruht, stellt aber gerade keine erwerbsgeschäftliche Betätigung dar. In diesen Fällen ist eine familiengerichtliche Genehmigung bereits nach dem Wortlaut des § 1822 Nr. 3 BGB nicht erforderlich.
Rz. 43
Dies gilt insbesondere auch für die Verwaltung liquiden bzw. in Wertpapieren angelegten Vermögens. Hier steht gegenüber den erwerbsgeschäftlichen Betätigungen der Substanzerhalt im Vordergrund. Eine Wertschöpfung im eigentlichen Sinne des Wortes findet nicht statt, es werden lediglich Zinsgewinne und im Rahmen von Umschichtungen – bei entsprechendem Kursverlauf der einzelnen Wertpapiere – Substanzwertsteigerungen realisiert. Der Schwerpunkt liegt also grundsätzlich in der Erhaltung des realen (nicht nur des nominellen) Vermögenswerts und in der Fruchtziehung, nicht in der Vermögensmehrung durch aktive Tätigkeit. Die Beteiligung an einer Gesellschaft, die sich ausschließlich auf die private Vermögensverwaltung beschränkt, ist nicht genehmigungsbedürftig. An der Einordnung als Vermögensverwaltung kann auch die Übertragung des Vermögens auf eine Personengesellschaft grundsätzlich nichts ändern. Allein die gesellschaftsrechtliche Einbettung der Verwaltung eines bislang von einer Einzelperson innegehabten Vermögens führt nicht zur Genehmigungspflicht, auch wenn jede Verwaltung selbstverständlich nutzbringend erfolgt und insofern auf "Erwerb" abzielt. Dies kann grundsätzlich auch für Holdinggesellschaften gelten. Allerdings hat das LG München I in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Gesellschaft, die GmbH-Beteiligungen nutzt und deren Erträge anlegen soll, auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts im Sinne von § 1822 Nr. 3 BGB gerichtet sei.
Rz. 44
Wie das soeben erwähnte Beispiel zeigt, bestehen in der Praxis nicht unerhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten. Mitunter wird die Definition des Begriffs "Erwerbsgeschäft" weit über den eigentlichen Sinn des Wortes hinaus ausgedehnt und vertreten, dass beispielsweise Familiengrundstücksgesellschaften den Erwerbsgeschäften i.S.v. § 1822 Nr. 3 BGB wenigstens gleich zu stellen seien. Die dabei ins Feld geführte Argumentation, mit derartigen Vertragsverhältnissen seien eine vergleichsweise lange Vermögensbindung sowie Haftungsrisiken des Minderjährigen verbunden, die durch die im Außenverhältnis unbeschränkte Vertretungsmacht anderer Gesellschafter noch verstärkt würden, geht an der Sache vorbei, da es sich insoweit um Gesichtspunkte handelt, die nicht etwa dem Erwerbsgeschäft, sondern vielmehr der Personengesellschaft an sich immanent sind. Die Personengesellschaft als solche ist aber gerade nicht Regelungsgegenstand des § 1822 Nr. 3 BGB. Der Gesetzgeber hat das Genehmigungserfordernis ausdrücklich auf solche Gesellschaften beschränkt, die zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen werden. Das OLG Dresden hat in seiner Entscheidung vom 25.4.2018 für die Praxis bedeutsame Indizien für das Vorliegen einer privaten Vermögensverwaltung und der damit verbundenen Genehmigungsfreiheit entwickelt. Insbesondere der Unternehmensgegenstand (ausschließlich Vermögensverwaltung, Verbot der Gewerblichkeit), die Firmierung, die personelle Zusammensetzung ausschließlich mit Familienmitgliedern und die Kommanditeinlage von geringer Höhe sollen demnach für eine Genehmigungsfreiheit sprechen.
Rz. 45
Unabhängig davon, ob die Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft betreibt, fehlt es bei der Übertragung v...