Rz. 29

Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils eines unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschafters ist für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da er gem. §§ 128, 130, 161 Abs. 2 HGB sowohl für die Alt- als auch die Neuverbindlichkeiten unbeschränkt persönlich haftet.[48]

 

Rz. 30

Auch mit dem Erwerb von Kommanditanteilen wird für den Minderjährigen ein "Bündel Rechte und Pflichten" begründet, welche rechtlich nachteilig sein können.[49] Mittlerweile wird der Erwerb eines voll eingezahlten Kommanditanteils jedoch zutreffend überwiegend als lediglich rechtlich vorteilhaft angesehen.[50] Die persönliche Haftung des Minderjährigen und das Verlustrisiko sind durch die zuvor vollständig erbrachte Hafteinlage auf diese beschränkt.[51] Auch die Gefahr der wiederauflebenden Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB stellt keinen rechtlichen Nachteil dar, da die Haftung nur dann wiederauflebt, wenn die Einlage an den Minderjährigen selbst zurückgezahlt wird.[52]

 

Rz. 31

Die drohende persönliche Inanspruchnahme des Minderjährigen nach §§ 172 Abs. 1, 176 Abs. 1 u. 2 HGB kommt darüber hinaus nicht in Betracht, wenn die Abtretung des Gesellschaftsanteils aufschiebend bedingt auf die Eintragung des Minderjährigen im Wege der Sonderrechtsnachfolge in das Handelsregister erfolgt.[53] Nur wenn der Minderjährige von dem gesetzlichen Vertreter Anteile eines persönlich haftenden Gesellschafters oder nicht voll eingezahlte Kommanditanteile übertragen bekommen soll, muss daher für den derivativen Anteilserwerb ein Ergänzungspfleger gem. §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2, 181, 1909 BGB bestellt werden.

 

Rz. 32

Ungeachtet dessen, dass durchaus überzeugende Argumente für eine ausschließliche rechtliche Vorteilhaftigkeit sprechen, sollte für die Gestaltung – vor dem Hintergrund dieses derzeit uneinheitlichen Meinungsbildes – stets davon ausgegangen werden, dass die Bestellung eines Ergänzungspflegers möglicherweise doch erforderlich ist. Der Berater sollte das Risiko einer möglichen (schwebend) unwirksamen Vertragsgestaltung und die Kosten einer Ergänzungspflegerbestellung mit den Beteiligten gegeneinander abwägen und dann entweder auf die Bestellung eines Ergänzungspflegers hinwirken oder den Übertragungsvertrag zunächst mit den Eltern als gesetzliche Vertreter des Minderjährigen schließen und notfalls später die Erklärung durch einen Ergänzungspfleger nachgenehmigen lassen.

[48] Pauli, ZErb 2016, 131, 132.
[49] BGH, Urt. v. 10.2.1977 – II ZR 120/75, NJW 1977, 1339, 1341; Ivo, ZEV 2005, 193, 194; Scherer/Kögel, MAH Erbrecht, § 40 Rn 208; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 27.5.2008 – 20 W 123/08, ZEV 2008, 607, 607.
[50] Palandt/Ellenberger, § 107 Rn 4; Grunsky, ZEV 2008, 610, 611; Maier-Reiner/Marx, NJW 2005, 3025, 3026; OLG Bremen, Beschl. v. 16.6.2008 – 2 W 38/08, ZEV 2008, 608, 608; OLG Jena, Beschl. v. 22.3.2013 – 2WF 26/13, ZEV 2013, 521, 522; Pauli, ZErb 2006, 131, 132 f.
[53] OLG Bremen, Beschl. v. 16.6.2008 – 2 W 38/08, ZEV 2008, 608, 609; OLG Jena, Beschl. v. 22.3.2013 – 2WF 26/13, ZEV 2013, 521, 523; OLG Köln, Beschl. v. 26.3.2018 – 4 Wx 2/18, ZEV 2018, 667, 668; Pauli, ZErb 2006, 131, 132.

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