Rz. 10

Diese Verfahren[6] sind zwei selbstständige gerichtliche Verfahren, also zwei Angelegenheiten (§ 17 Nr. 4b, 4d RVG, § 15 Abs. 2 RVG). Ob dann, wenn vorgerichtlich Hauptsache und einstweiliger Rechtsschutz Gegenstand der Tätigkeit des Anwalts sind, die Geschäftsgebühr zweimal anfällt, ist streitig; nimmt man nur ein Verfahrensziel an, ist es konsequent, auch nur eine Geschäftsgebühr anzunehmen. Nach anderer – m.E. zutreffender – Meinung sind Leistung und Sicherung zwei verschiedene Verfahrensziele; es sind schließlich auch zwei Verfahren; daher fällt m.E. zweimal die Geschäftsgebühr an, wenn der Anwalt für beide Anliegen des Mandanten außergerichtlich tätig war. Dieser Auffassung steht nicht entgegen, dass durch einen Vergleich in der Hauptsache das Eilverfahren erledigt wird.[7]

Es gibt in der Praxis Verfahrensabläufe, durch die, wenn beide Verfahren gleichzeitig anhängig sind, eine Verbindung hergestellt wird, die gebührenrechtlich relevant ist.

 

Rz. 11

(1) Sind Hauptsache und Eilverfahren gleichzeitig oder unmittelbar nacheinander terminiert oder ist zwar nur in einem der Verfahren Termin angesetzt, wird aber im Einvernehmen von Gericht und Parteien im Verlauf dieses Termins auch die andere Sache – ausdrücklich oder stillschweigend – aufgerufen, bleibt es dabei, dass zwei gebührenrechtliche Angelegenheiten vorliegen und abzurechnen sind. Die Verfahrensgebühr ist in beiden Verfahren bereits angefallen; die Terminsgebühr fällt in jedem der beiden Verfahren an (weil die geschilderten Vorgänge keine Verfahrensverbindung im verfahrensrechtlichen Sinn darstellen).[8]
(2) Werden gem. §§ 20, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, § 147 ZPO Hauptsache und Eilverfahren verbunden, fällt die Terminsgebühr einmal aus den zusammengerechneten Werten der beiden selbstständigen Verfahren an.
(3)

Eine Sache ist terminiert, über die andere wird im Termin über eine Einigung gesprochen, aber ohne dass ausdrücklich oder stillschweigend die andere Sache aufgerufen wird ("Mitbesprechung"):

Es geht wieder um die Frage, ob der Anspruch auf vorläufige Regelung ein anderer Anspruch ist als der Anspruch auf endgültige Regelung. Es geht um die gleiche Streitfrage wie bei der Geschäftsgebühr (oben Rdn 10).[9]

Nach der einen Meinung ist, wenn im Eilverfahren die anhängige Hauptsache zwecks Einigung über die Hauptsache mitbesprochen wird, in der Weise abzurechnen, dass, obwohl das Ganze sich im Eilverfahren zuträgt, mit den Werten aus der Hauptsache abgerechnet wird. Wenn das Hauptsacheverfahren anhängig ist, soll eine Anrechnung analog Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101, Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV RVG stattfinden.

Wenn die Mitbesprechung über das Eilverfahren, d.h. über eine vorläufige Lösung, im anderweitig anhängigen Hauptsacheverfahren geführt wird, hat dies auf den Wert nach dieser Meinung keine Auswirkungen, weil in diesem Fall die Abrechnung ohnehin nach den Werten der Hauptsache stattfindet.[10]

Wenn zwar über die andere Sache gesprochen wird, aber nicht mit dem Ziel einer Einigung/Erledigung, kommt es weder zu einer Erhöhung des Verfahrenswerts noch fallen Gebühren bezüglich der anderen – mitbesprochenen – Sache an.

(4)

Einigungsgebühr: Wenn (nur) eine vorläufige Einigung getroffen wird, fällt die Gebühr aus dem Wert der einstweiligen Anordnung an und zwar unabhängig davon, ob diese Einigung im Eilverfahren oder im Hauptsacheverfahren stattfindet.[11]

Wird eine endgültige Regelung im Verfahren der einstweiligen Anordnung getroffen, bemisst sich die Einigungsgebühr ("Mehrvergleichswert"[12]) aus dem Wert der Hauptsache.[13] Streitig ist, welche Gebühren anfallen, wenn im Hauptsacheverfahren die Einigung getroffen wird (insoweit unstreitig Einigungsgebühr aus dem Wert der Hauptsache) und außerdem das Eilverfahren anhängig ist. Es wird entweder vertreten, dass ausschließlich die Einigungsgebühr aus der Hauptsache im Hauptsacheverfahren anfällt, weil es sich um ein und denselben Gegenstand handelt und durch den Vergleich im Hauptsacheverfahren das Eilverfahren erledigt ist, oder aber dass es sich um zwei verschiedene Gegenstände handelt, so dass auch im Eilverfahren die Einigungsgebühr anfällt.[14] Es kommt darauf an, ob eine Einigung für beide Verfahren getroffen wurde, (dann Addition, da zwei verschiedene Gegenstände!)[15] oder ob die Einigung nur im Hauptsacheverfahren war (dann nur einmal die Gebühr und Hauptsachenerledigung im Eilverfahren). Die Tatsache, dass es sich um zwei verschiedene Verfahrensziele handelt, steht der Hauptsachenerledigung im Eilverfahren nicht entgegen.

 

Rz. 12

Außergerichtliche Einigungsgespräche bezüglich Hauptsache- und Eilverfahren:

Es kommt darauf an, ob nur über eine endgültige Einigung gesprochen wurde oder nur über eine vorläufige Einigung oder über beides. Es wird teils angenommen, dass, nachdem beide Verfahren rechtshängig sind, außergerichtliche Einigungsgespräche grundsätzlich beide Verfahren treffen, deshalb in beiden Verfahren die Terminsgebühr anfällt.[16] Nach anderer, m.E. zutreffender Meinung fallen zwei Terminsgebüh...

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