Dr. Gudrun Möller, Prof. Dr. Jürgen Damrau
Rz. 58
Es sind seltene Fälle, bei denen ein nennenswerter Nachlass von den Miterben auf einmal – früher oder später – vollständig auseinandergesetzt wird. Auch ohne dass ein Aufschub der Auseinandersetzung ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart würde, erfolgen häufig sachliche Teilauseinandersetzungen: Erst verteilt man das vorhandene Bargeld. Dann wird die Wohnung des Erblassers aufgelöst und das Mobiliar verteilt. Nach Begleichung der offensichtlichen Schulden verkaufen die Miterben das Aktienpaket und verteilen den Erlös untereinander. Sodann wird in gleicher Weise mit einem Haus, das keiner der Miterben haben will, verfahren.
Rz. 59
Erfolgt z.B. erst einmal eine Teilauseinandersetzung hinsichtlich des vorgefundenen Bargeldes und der Sparkonten und ist man sich z.B. noch nicht einig, welcher der Miterben welches Grundstück erhält, taucht folgende Frage auf: Können Eltern mehrere minderjährige Kinder bei dieser sachlichen Teilauseinandersetzung vertreten, weil diese nach den Regeln des Gesetzes (§§ 2038, 752 BGB) erfolgt (siehe Rdn 38 ff.), oder stehen dem §§ 181, 1629, 1795 BGB, also das Verbot der Mehrfachvertretung, entgegen, weil ja die nächste Teilauseinandersetzung bezüglich der Grundstücke und hinsichtlich des Restnachlasses nicht mehr nach den gesetzlichen Regeln erfolgen soll?
Rz. 60
Die Rechtsprechung greift hier den Rechtsgedanken des § 139 BGB auf, und fragt, ob es sich um ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft oder um mehrere selbstständige Geschäfte handelt. Ob das eine oder das andere vorliegt, dafür ist nach ständiger Rechtsprechung der Wille der Beteiligten maßgeblich. Im vorgenannten Beispiel wollen die Miterben die Erbteilung in mehreren Schritten vornehmen, ihnen fehlt der Einheitlichkeitswille, es handelt sich daher um verschiedene Verträge, die unterschiedlichen Anforderungen genügen müssen. § 181 BGB ist daher auf einen Teilauseinandersetzungsvertrag, der die gesetzlichen Teilungsregeln (siehe Rdn 38 ff.) oder die Teilungsanordnungen (siehe Rdn 49 ff.) des Erblassers befolgt, nicht anwendbar.
Rz. 61
Ein nächster Teilauseinandersetzungsvertrag, der nach dem obigen Beispiel auf dem Vertragswillen der Miterben beruht, der z.B. die Grundstücke auf die einzelnen Miterben verteilt, unterliegt den Regeln, wie sie oben für vertragliche Auseinandersetzungsvereinbarungen (siehe Rdn 53 ff.) geschildert wurden.
Rz. 62
Umstritten sind die Fälle, in denen man beschließt, Nachlassgegenstände zu verkaufen. Hier kann man davon ausgehen, dass man den Erlös zur Bezahlung von Nachlassverbindlichkeiten braucht oder dass man ihn unter den Miterben aufteilt oder dass man nur erst einmal die Gelegenheit zu einem günstigen Verkauf wahrnimmt, um später darüber nachzudenken, wann was mit dem Erlös geschehen soll.
Ist von vornherein die Aufteilung des Verkaufserlöses geplant, wird er z.B. im notariellen Vertrag bereits auf die Miterben verteilt, soll es sich nach einer Meinung um einen Teil-Auseinandersetzungsvertrag handeln, bei dem gegebenenfalls § 181 BGB eingreifen würde. Das RG prüfte in diesem Zusammenhang § 181 BGB nur unter dem Gesichtspunkt der Erfüllung einer Verbindlichkeit und meinte von daher zu Recht, dass der Kaufvertrag bis zur gerichtlichen Genehmigung noch nicht rechtswirksam sei und daher die Aufteilung der Kaufpreisforderung noch nicht in Erfüllung einer Verbindlichkeit geschehe. Der Stand der Rechtsprechung war im Zeitpunkt der Entscheidung des RG (Oktober 1918) noch nicht der, dass eine Nachlassauseinandersetzung nicht § 181 BGB verletzt, wenn sie nach den Regeln des Gesetzes erfolgt; dies ist erst seit der Entscheidung des BGH von 1956 vollumfänglich anerkannt.
Heute muss man sagen: Beim Verkauf wie bei der Übereignung von Nachlassgegenständen stehen Elternteile und deren Kinder als Miterben auf derselben Seite, der Verkäufer- bzw. Veräußererseite, so dass § 181 BGB nicht anwendbar ist; die Verträge werden ja nicht zwischen Eltern und Kind geschlossen, sondern die Erklärungen der Minderjährigen richten sich gleichgerichtet gegen die Käuferseite. Die Absprache unter den Miterben, dass man den Verkaufserlös aufteilen will, ist Motiv für den Verkauf, ist kein selbstständiger Teil-Erbauseinandersetzungsvertrag; keinesfalls sind die Absprache der Miterben zur Aufteilung des Erlöses und der Verkauf ein einheitlicher Vertrag, da schon ganz verschiedene Personen (hier: auch der Käufer) beteiligt sind.
Die Aufteilung der künftigen Kaufpreisforderung entspricht aber den Regeln des Gesetzes. Von daher ist es belanglos, ob von vornherein die Aufteilung des Kaufpreises erfolgt oder ob sie nachträglich beschlossen und vorgenommen wird.
Rz. 63
Es handelt sich also um den Verkauf eines Nachlassgegenstandes nebst Teilauseinandersetzung (des Erlöses) nach den gesetzlichen Regeln, weil Geld – ebenso wie eine Geldforderung – naturaliter teilbar ist.
Wenn man der (überholten) engeren Auslegung folgt, bleibt nur folgender Weg, um das Verbot des § 181 BGB zu umgehen: beim Verkauf des Nac...