Dr. Gudrun Möller, Prof. Dr. Jürgen Damrau
Rz. 35
Zu den Aufgaben, die der Erbengemeinschaft obliegen, gehört auch die Erfüllung aller Vermächtnisse, wenn sie – und nicht ein einzelner Erbe – mit einem solchen belastet ist (vgl. § 2147 BGB).
Sofern die Erbengemeinschaft Inhaber des Gegenstandes ist, der in Erfüllung des Vermächtnisses auf den Vermächtnisnehmer zu übertragen ist, müssen grundsätzlich alle Miterben gemäß § 2040 BGB als Gesamthandsberechtigte mitwirken; unbenommen bleibt es diesen, sich wechselseitig zu vertreten (§§ 164 ff. BGB) oder zu ermächtigen (§ 185 BGB) oder später das Geschäft zu genehmigen (§§ 182 ff. BGB).
Rz. 36
Der gesetzliche Vertreter kann bei der Erfüllung von Vermächtnissen zugleich mehrere minderjährige Miterben vertreten, weil alle Minderjährigen auf der "gleichen Seite" stehen, also parallel gerichtete Erklärungen an den Vermächtnisnehmer abgeben, der den Vermächtnisgegenstand entgegennimmt. Es kann der gesetzliche Vertreter auch zugleich noch für sich selbst als Miterbe handeln, denn in beiden Fällen wird § 181 BGB nicht angewandt, weil kein Interessengegensatz zwischen den Minderjährigen bzw. dem gesetzlichen Vertreter und dem Minderjährigen besteht.
Die Übertragung der Gegenstände muss – obgleich aufgrund des Vermächtnisses ein Anspruch darauf besteht – dennoch gegebenenfalls gem. §§ 1643 Abs. 1, 1821, 1822 BGB vom Familiengericht genehmigt werden.
Ist der Vermächtnisnehmer der gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Miterben, steht der Erfüllung des Vermächtnisses § 181 BGB ebenfalls nicht entgegen, da in Erfüllung einer Verbindlichkeit, nämlich des Anspruchs auf das Vermächtnis, gehandelt wird. Das Gleiche gilt, wenn §§ 1629 Abs. 2, 1915, 1795 BGB eigentlich nach deren Wortlaut anwendbar wären, weil ein Großelternteil oder der Ehegatte des gesetzlichen Vertreters Vermächtnisnehmer ist.
Rz. 37
Ist der Minderjährige nur Vorerbe oder Mit-Vorerbe und fällt der Vermächtnisgegenstand unter §§ 2113, 2114 BGB, handelt es sich also insbesondere um ein Grundstück, bedarf die Erfüllung des Vermächtnisses nicht zusätzlich zur familienrechtlichen Genehmigung der Genehmigung des Nacherben; die Erfüllung des Vermächtnisses beeinträchtigt nicht die Rechte des Nacherben. Auch handelt es sich um keine unentgeltliche Verfügung des Vorerben (vgl. § 2113 Abs. 2 BGB), sondern um eine unentgeltliche Zuwendung des Erblassers, der Erbeinsetzung. Grundbuchmäßig kann deshalb der Nachweis der Unentgeltlichkeit durch Einsicht in die Nachlassakten bzw. durch öffentlich beglaubigte Kopie der Verfügung von Todes wegen nebst Eröffnungsprotokoll erbracht werden.