Ralf Mangold, Walter Krug
Rz. 58
Nach außen gilt der Grundsatz gemeinschaftlichen Handelns aller Miterben. Aber davon gibt es Ausnahmen.
a) Verpflichtungsgeschäfte
Rz. 59
Hierbei kommt es wiederum darauf an, welcher Art von Verwaltungsmaßnahme das Verpflichtungsgeschäft zuzuordnen ist: ordnungsmäßige Verwaltung, außerordentliche Verwaltung, Notverwaltung.
b) Ordnungsmäßige Verwaltung
Rz. 60
Begriff: Die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung folgen nach § 2038 Abs. 2 S. 1 BGB aus § 745 BGB. Danach muss die Verwaltung der Beschaffenheit des Gegenstandes und dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entsprechen. Entscheidend ist, was eine verständige Person, nicht der verklagte Miterbe, aus der Sicht eines wirtschaftlich und vernünftig denkenden Beurteilers in der gleichen Situation machen würde. Nicht erforderlich ist, dass die Maßnahme die Interessen jedes Miterben "bestmöglich" oder optimal wahrt.
Der von den Erben gefasste Mehrheitsbeschluss hat insofern Außenwirkung, als die Erbenmehrheit oder ein einzelner beauftragter Miterbe die Erbengemeinschaft nach außen wirksam vertreten kann. Die im Rahmen des Mehrheitsbeschlusses getätigten Rechtsgeschäfte berechtigen und verpflichten den Nachlass unmittelbar, d.h. es entsteht eine Nachlassverbindlichkeit, wenn der handelnde Erbe hat erkennen lassen, dass die Rechtswirkungen den Nachlass treffen sollen. Fehlt es daran, so haftet der handelnde Miterbe persönlich. Im Innenverhältnis gelten dann Geschäftsführungsregeln. Also: Anspruch des Erben auf Freistellung von der Verbindlichkeit oder Aufwendungsersatz.
Rz. 61
Beispiel
Der Erblasser hatte verschiedene Konten bei verschiedenen Banken. Von insgesamt drei Miterben wollen zwei diese Konten auf alle Miterben in Erbengemeinschaft umschreiben lassen, der Dritte weigert sich und will die Konten auf den Namen des Erblassers weiterlaufen lassen.
Die Umschreibung der Konten auf die Miterben entspricht der Anpassung an die neu eingetretene materielle Rechtslage und ist deshalb als ordnungsgemäße Verwaltungsmaßnahme anzusehen, zu deren Mitwirkung der dritte Miterbe verpflichtet ist. Nach der wohl noch herrschenden Rechtsprechung des BGH müssen die anderen zwei Miterben den dritten auf Zustimmung zur Umschreibung der Konten verklagen. Mit dem rechtskräftigen Urteil, das mit Rechtskraft die Zustimmung des dritten Erben nach § 894 ZPO ersetzt, können die zwei anderen die Umschreibung bei den Banken vornehmen lassen.
Rz. 62
Zur Fortführung eines Girokontos des Erblassers durch die Erben siehe BGH im Urt. v. 18.1.2000:
Zitat
"Miterben, die in ein Girovertragsverhältnis des Erblassers eintreten und das Girokonto für den eigenen Zahlungsverkehr fortführen, erlangen eine eigene persönliche Rechtsbeziehung zur Bank. Das gilt für die Fortführung eines Oder-Kontos ebenso wie für die eines Einzelkontos (im Anschluss an BGHZ 131, 60)."
Werkmüller führt dazu aus:
Zitat
"Bei einvernehmlicher Eigennutzung eines Nachlass-Oder-Kontos durch mehrere Miterben ist im Falle des Übergangs der bankrechtlichen Beziehung auf die Erben jeder einzelne als verfügungsberechtigt anzusehen und dies unabhängig davon, ob auf dem Konto noch ungeteilter Nachlass vorhanden ist oder nicht."
Als weitere Konsequenz (und zudem im wohlverstandenen Interesse der Banken an einer verlässlichen Rechtslage) wird man zur Vermeidung zusätzlicher Konflikte in der Erbengemeinschaft ferner jedem Miterben einen Widerruf der dem jeweils anderen Miterben als neuem Mitkontoinhaber zugefallenen Einzelverfügungsberechtigung zubilligen... und damit die Möglichkeit einräumen müssen, das Nachlass-Oder-Konto nachträglich in ein Nachlass-Und-Konto umzuwandeln. Nur so kann die sich bei einer Miterbengemeinschaft hinsichtlich der gesamtgläubigerschaftlichen Stellung sämtlicher Mitkontoinhaber und § 2040 Abs. 1 BGB abzeichnende Konfliktsituation überwunden werden.“
c) Außerordentliche Verwaltung
Rz. 63
Hier gilt der Grundsatz des gesamthänderischen Handelns: Alle Erben müssen nach außen auftreten, um den Nachlass zu berechtigen und zu verpflichten. Ein Mehrheitsbeschluss reicht nicht.
d) Notverwaltung
Rz. 64
Hierbei sieht das Gesetz eine gesetzliche Vertretungsmacht für den handelnden Erben vor, und zwar sowohl für das Verwaltungshandeln, als auch für die entsprechende Verfügung (§ 2038 Abs. 1 S. 2 a.E. BGB). Aus der rechtsgeschäftlichen Handlung wird der Nachlass unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Lagen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen einer Notverwaltungsmaßnahme nicht vor, so haftet der handelnde Mite...