Ralf Mangold, Walter Krug
Rz. 320
Zum Schutz der Beteiligten vor der Verschleuderung von Grundvermögen in der Versteigerung hat das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert des Grundstücks von Amts wegen festzusetzen, §§ 74a, 85a ZVG. Der Verkehrswert ist nach der Definition in § 194 BauGB der "Preis, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ... ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre."
Rz. 321
Näheres regelt die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Sie findet überall dort Anwendung, wo der Verkehrswert (Marktwert) von Immobilien zu ermitteln ist. Anwender sind vor allem die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte, Sachverständige für die Grundstückswertermittlung, Banken und Versicherungen.
Rz. 322
Als Methoden für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken kommen in Betracht:
Für eigengenutzte Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen dürfte im Regelfall die Sachwertmethode zum richtigen Ergebnis führen, bei Mietshäusern die Ertragswertmethode, weil es dabei für einen Interessenten auf die Verzinsung seines Kapitaleinsatzes ankommt. Aber auch Mischwerte aus Ertragswert und Sachwert kommen in Betracht. Nach dem BGH sind fremdgenutzte Betriebsgrundstücke in der Regel nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten. Diese Entscheidung ist zwar zu Bewertungsfragen im Pflichtteilsrecht ergangen, sie dürfte aber von allgemeiner Bedeutung sein.
Rz. 323
Das Gericht setzt auf der Grundlage eines von ihm einzuholenden Wertgutachtens nach § 74a Abs. 5 ZVG den Wert des Grundstücks durch mit Gründen versehenen Beschluss fest. Das Gutachten ist Beweismittel und deshalb gem. § 286 ZPO frei zu würdigen. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs ist den Verfahrensbeteiligten eine Mehrfertigung des Gutachtens zu übersenden.
Der Beschluss ist gem. § 74a Abs. 5 S. 3 ZVG mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar und muss deshalb den Beteiligten förmlich zugestellt werden, § 329 Abs. 3 ZPO. Die Zustellung von Amts wegen ist der Regelfall, §§ 166–190 ZPO. Der Lauf der Beschwerdefrist beginnt für jeden Beschwerdeberechtigten mit der Zustellung des Beschlusses an ihn. Eine weitere Beschwerde ist nicht statthaft, § 74a Abs. 5 S. 3 Hs. 2 ZVG. Möglich ist eine Selbstkorrektur gem. § 572 ZPO.
Eine Änderung der Wertfestsetzung ist zulässig, wenn sich nach der Festsetzung entscheidungserhebliche Faktoren geändert haben. Darin liegt kein Verstoß gegen die Rechtskraft des Festsetzungsbeschlusses, denn es ist ein neuer Sachverhalt eingetreten, der der Ausgangsentscheidung nicht zugrunde lag. Die Höhe des festgesetzten Wertes hat Auswirkungen auf die Gebote und die Zuschlagsentscheidung.
Das Interesse eines der beteiligten Miterben, den Grundbesitz selbst zu einem möglichst niedrigen Gebot ersteigern zu können, ist als verfahrenszweckwidrig nicht schutzwürdig und aus diesem Grund auch nicht im Beschwerdeverfahren durchsetzbar.