Dr. Gudrun Doering-Striening
Rz. 127
Der Zuwendungsempfänger kann sich verpflichten bzw. verpflichtet haben, dem Zuwendenden "Pflege und Wart" zu erbringen. Die Pflegeverpflichtung kann durch Eintragung einer Reallast (§ 1105 BGB) im Grundbuch gesichert sein. Der Zuwendungsempfänger kann sich der sofortigen Zwangsvollstreckung wegen der Pflegeverpflichtung unterwerfen (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) und der Zuwendende kann sich bei nachhaltiger Verletzung der Pflegeverpflichtungen die Rückforderung vorbehalten, die durch Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch sicherbar ist (§ 883 Abs. 1 S. 2 BGB).
In der allgemeinen Diskussion ist schon die Bestimmung dessen, was tatsächlich als Gegenleistung geschuldet sein soll, schwierig, und zwar deshalb, weil zwischen den Beteiligten immer pauschal von "Pflege" gesprochen wird, ohne dass klar ist, was eigentlich Pflege ist und wie sie sich von Betreuung, hauswirtschaftlicher Versorgung und bloßem Kümmern unterscheidet etc.
Rz. 128
Es gibt unterschiedlichste Definitionen, was die Bewertung nicht erleichtert. Pflege z.B. im erbschaftsteuerlichen Sinne wird als die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person verstanden. Die Gewährung von Pflege setzt danach begrifflich eine wegen Krankheit, Behinderung, Alters oder eines sonstigen Grundes bestehende Hilfsbedürftigkeit des Pflegeempfängers voraus. "Voraussetzung ist jedoch stets, dass die Leistungen regelmäßig und über eine längere Dauer erbracht worden sind.…. Nur gelegentliche Botengänge oder Besuche, die nicht über ein übliches Maß der zwischenmenschlichen Hilfe hinausgehen, reichen nicht aus. Die erbrachten Leistungen müssen im allgemeinen Verkehr einen Geldwert haben".
Rz. 129
In der Sachverständigenliteratur wird wegen der früheren Begrifflichkeiten in alten Übergabeverträgen zwischen "Pflege und Wart" unterschieden, wobei Letztere eine Hilfsverpflichtung und von den Pflegeverpflichtungen zu unterscheiden sein soll.
In juristischen Handbüchern wird z.T. empfohlen, sich für die Pflegeverpflichtungen an den Begrifflichkeiten des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) zu orientieren und zur Bewertung dann ggf. den Wert der dort genannten Sachleistungen (§ 36 SGB XI) oder des Pflegegeldes (§ 37 SGB XI) heranzuziehen. Das ist aber schon deshalb problematisch, weil vor 2017 ein anderer gesetzlicher Pflegebedürftigkeitsbegriff des § 14 SGB XI galt als danach. Sprach man damals von "Grundpflege" und "hauswirtschaftlicher Versorgung", so spricht man heute von "körperbezogenen Pflegemaßnahmen" und "pflegerischen Betreuungsmaßnahmen" sowie von "Hilfen bei der Haushaltsführung". Davon abzugrenzen sind alle Betreuungsmaßnahmen im Alltag.
Rz. 130
Pflegerische Maßnahmen beziehen sich heute auf die sechs Bereiche des § 14 SGB XI ("Module"):
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Mobilität |
▪ |
kognitive und kommunikative Fähigkeiten |
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Verhaltensweisen und psychische Problemlagen |
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Selbstversorgung |
▪ |
Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie |
▪ |
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte. |
Die Bewertung von pflegerischen Maßnahmen erfolgt nach § 15 SGB XI und orientiert sich nicht mehr an den klassischen Zeitkorridoren. Pflegegeld für den Pflegebedürftigen (§ 37 SGB XI) und Pflegesachleistungen für den Pflegedienst (§ 36 SGB XI) werden nach Maßgabe dieser Vorgaben erst ab dem Pflegegrad 2 geleistet. Es dürfte deshalb kaum einen Sachverhalt geben, den man so subsumieren kann, dass der Wert der tatsächlich vom Zuwendungsempfänger erbrachten Pflege- und Betreuungsleistung und die gesetzlichen Pflegeleistungen zur Deckung gebracht werden können. Gegen die Übernahme von Werten aus dem Pflegeversicherungsgesetz spricht auch, dass die Pflegeversicherung nur eine sog. Teilkaskoversicherung ist und letztlich nur einen Teil des Bedarfs und damit der erbrachten Leistungen abbildet.
Rz. 131
Zurecht geht die Sachverständigenliteratur auch davon aus, dass "Wart und Pflege" weit unterhalb des Pflegegrades 2 beginnen. Der Pflegegrad 2 bildet daher nicht all diejenigen Alltagsleistungen ab, die Familienangehörige gerne bereits als Pflegeleistung bezeichnen. Dafür gibt es aus der Pflegekasse ab dem Pflegegrad 1 "Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags." Damit können z.B. Angebote zur Unterstützung und Begleitung im Alltag wie die Übernahme von Betreuung und allgemeiner Beaufsichtigung, bezahlt werden, aber auch die Erbringung von Dienstleistungen, organisatorische Hilfestellungen oder andere geeignete Maßnahmen.
Rz. 132
Die Sachverständigenliteratur geht zudem auch davon aus, dass unter Pflege im Regelfall keine körperliche Fachpflege zu verstehen ist: "Wenn Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde und Leistungen aus der Pflegeversicherung fließen, so kann sich die V...